Genuss à la Tyrolienne (GENUSS.MAGAZIN I/07)

Ein Artikel von Redaktion | 17.01.2007 - 00:00
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HÜTTENROMANTIK.Auch wenn es gemütlich ist - Tirol hat kulinarisch einiges mehr zu bieten als nur Skihütten-Kost. © Alpine Gastgeber BMLFUW-Fotoservice Ost-Tirol Werbung GmbH

Tirol wird in seiner Vielfalt weit unterschätzt, denn meist wird es lediglich mit den zweifelsohne weitreichenden Freizeitmöglichkeiten in Verbindung gebracht. Aber dieses Land besitzt darüber hinaus eine wunderbare k. & k. Tradition, wobei die Abkürzung in diesem Zusammenhang für Kunst und Kulinarium steht. Tirol schmeckt man: In den Edelbränden, in den Käsesorten, in den Fleisch- und Wurstwaren und in den besonderen Brotsarten.

Knödelland Tirol

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© Alpine Gastgeber BMLFUW-Fotoservice Ost-Tirol Werbung GmbH

Besonders bekannt ist Tirol für die "besten Knödel der Welt". Siegelten als die Ikone der Tiroler Küche schlechthin. Es gibt sie alsSpeckknödel, Topfenknödel, Zwetschkenknödel, Spinatknödel,schwarzplentene Knödel aus Buchweizen, Kasknödel, Fastenknödel und,und, und …
Die Knödel sind dem Tiroler so wichtig, dass sie ihm sogar eine eigene Sage gewidmet haben:
In einem kleinen Tiroler Städtchen soll eine Horde Soldaten zu späterStunde und unter lautem Gejohle in einem Gasthaus eingefallen sein. Sieverlangten nach Wein und einer warmen Mahlzeit. Die braven Wirtsleuteversuchten, den Soldaten klar zu machen, dass aufgrund von Kriegsnotund Plünderungen kaum noch Vorräte vorhanden seien. Darauf reagiertendie Soldaten mit wüsten Drohungen. So musste die Wirtin sehen, was sichmachen ließ. Not macht erfinderisch und die Wirtin, eine begabteKöchin, mischte Brotreste, Mehl, Speck, ein bisschen Wurst, Milch unddie letzten verbliebenen Eier, hackte noch eine Hand voll Petersiliehinzu und formte - angesichts der ungebetenen, kriegerischen Gäste -kleine Kanonenkugeln daraus und garte sie in siedendem Wasser. Diedampfenden Knödel fanden großen Anklang bei den Soldaten, stimmten siemilde und veranlassten sie zu einem geordneten Abzug. Der TirolerKnödel ward geboren.
Neben dem großen Bruder "Knödel" gibt es noch Nocken, Krapfen, Zipfl,Nigelen oder die kurzen, dicken Rollen namens Paunzen, Kiachlein,Platteln, Tirtlen, Strauben oder Schlupfen. Besonders derSchlipfkrapfen - eine Art Ravioli mit Käsefüllung - ist, wenn er mitTopfen und Spinat gefüllt wird und so zum Schlutzkrapfen mutiert,kulinarisch von Bedeutung.

Tirol hat man zum Fressen gern

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© Alpine Gastgeber BMLFUW-Fotoservice Ost-Tirol Werbung GmbH

Eine andere tragende Säule der Tiroler Küche ist der Speck, denn seinerVerwendung in der Küche sind kaum Grenzen gesetzt. Der Tiroler Speckist nicht nur die wichtigste Zutat des Tiroler Knödels - ohne ihn gäbees auch keine Tiroler Leber, keine Tiroler Speckforelle und kaum einTiroler Wildgericht.
Auf vielen größeren Höfen wird der echte Tiroler Bauernspeck nochregelmäßig ein bis zwei Mal im Jahr hergestellt. Die Grundzutaten desSpeckmachens sind zwar immer gleich - das Vieh wird geschlachtet,gepökelt, über Holz geräuchert und bis zu einem halben Jahr abgehängt -aber trotzdem entstehen von Bauer zu Bauer die unterschiedlichstenAusprägungen. Der eine pökelt seinen Schinkenspeck trocken, der anderefeucht, der eine verwendet Holunderzweige, der andere Wacholderholz,der dritte schwört auf dampfende Buchenholzscheiter. Auch dieverwendete Gewürzmischung und Dauer der Reifung bestimmen das Ergebnis.So entsteht ein Speck wie er sein soll: Kräftiges, dunkles Fleisch,festes, hellrosa Fett, nussiger Geschmack. Zur Jause, die in Tirol auch"Marende" heißt, gehören außerdem ein paar Kescht´n, also Kastanien,Wurst und Käse.
Apropos Käse - eine Sorte ist dem Tiroler geradezu heilig, auch wenn erden eher unappetitlichen Namen Graukäse trägt. Es handelt sich hierbeium einen Sauermilchkäse, der nach einem alten Bauernrezept aus magererKuhmilch in Handarbeit gekäst wird. Nach zehn Wochen Reifezeit ist erfertig und hat - daher der Name - eine dünne rissige Rinde, mitgrünlich-grauem Edelschimmel. Verzehrt wird der Käse entweder alsBestandteil der allgegenwärtigen Knödel oder mit Essig, Öl und Zwiebelnals komplette Mahlzeit.
Zu all den ursprünglichen Köstlichkeiten des Tiroler Landes kommt nochhinzu, dass die Tiroler aufgeschlossen und gastfreundlich sind. Und soist es auch kein Wunder, dass Tirol ein begehrtes Touristenziel ist.Schon anno 1755 lobte der Begründer der Archäologie, Johann JoachimWinckelmann, nach einer Reise durch Tirol: "Alle halbe Stunde sieht manein großes Wirtshaus, wo auch kein Dorf ist, an dem Fuß erschrecklichschöner Berge, wo Sauberkeit und Überfluss regiert. Betten sindallenthalben, soviel man haben will, und allenthalben wird man mitsilbernen Gabeln und Messern bedient."

Tirol schmeckt man

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© Alpine Gastgeber BMLFUW-Fotoservice Ost-Tirol Werbung GmbH

Die kulinarische Seite Tirols hat wahrlich viel zu bieten. Vontraditionell und bodenständig auf einer Alm bis nobel und exquisit ineinem Haubenlokal reicht die Palette der kulinarischen Genüsse.Leckermäuler und Feinschmecker kommen in Tirol voll auf ihre Kosten.Das GENUSS. MAGAZIN präsentiert Ihnen eine Auswahl der schönstenRestaurants, gemütlichsten Gasthäuser und hippsten Lokale in Tirol.

Tiroler Wirtshauskultur. Das grüne Schild mit den drei Blättern amEingang eines Tiroler Wirtshauses lässt den Gast wissen: Hier erwarteteinen gepflegte Tiroler Gastlichkeit. 136 Betriebe dürfen sich zur Zeitmit diesem Zeichen schmücken. Drei Maximen haben sich dabei alleBetriebe von Anfang an unterworfen: Der Liebe zur Tiroler Kost, derVerwendung frischer Produkte aus Landwirtschaft, Gewässern und Wäldernsowie der Wahrung authentischer Atmosphäre und Architektur.
www.tiroler-wirtshaus.at

Dengg. Jahrelang zählte das "Altstadtstüberl" zu den bürgerlichenTraditionslokalen von Innsbruck. Die Übergabe an die Tochter des Hausesim Jahr 2002 brachte einige tiefgreifende Erneuerungen - unter anderemwurde es in "Dengg" umbenannt. Nun gibt es hier nicht nur preiswerteMittagsmenüs, abends wird mit kreativer, gehobener Küche verwöhnt.Dabei steht Bodenständiges im Dialog mit Innovativem - eineverblüffende Mischung zwischen Tirolerischem und Asiatischem.Innsbruck, www.dengg.co.at

Lichtblick. Untertags Café, am Abend Restaurant. Kitchen Art DirectorAndreas Zeindlinger zeichnet sich verantwortlich für die Umsetzung desCredos "Speisen wie im siebten Himmel" - und das nicht nur, weil sichdas "Lichtblick" im siebten Himmel hoch über den Dächern von Innsbruckbefindet. Je nach Lust und Laune lässt Zeindlinger Einflüsse aus allenRegionen der Welt in seinen Kompositionen zu, ist sich aber stetsseiner Wurzeln bewusst.
Innsbruck, www.restaurant-lichtblick.at

Maquin. In Innsbruck pilgert derzeit alles ins "maquin", das von DianaLanges-Swarovski erst Ende Juni 2006 eröffnet wurde. Die beiden jungenKüchenchefs Alexander Junker und Stefan Wallner, haben Pioniergeist undkombinieren einheimische Spezialitäten mit der Welt der asiatischenKüche. Daraus entstehen dann köstliche Menüs nach dem Prinzip derVier-Elemente-Küche. Das elegant-moderne Restaurant, das vom bekanntenWiener Architekten Alexander Tavakoli entworfen wurde, ist nachFeng-Shui ausgelegt - dunkles Holz und Stein verleihen dem "maquin"einen puristischen, klaren Charakter. Die 680 Quadratmeter sind inverschiedene Bereiche eingeteilt: Restaurant, Café, Take Away, Bar,Bäckerei sowie eine Zigarrenlounge. Innsbruck, www.maquin.at

Pavillon. Im ersten Stock des architektonisch ausgefallenenGlaswürfels, direkt vor dem Landestheater und der altehrwürdigenHofburg, hat der 31-jährige Mansur Memarian das Sagen. Er istKüchenchef des Gourmet-Restaurants Pavillon. Patron Hannes Schlöglleitet den Service und berät bei der Weinauswahl. AusgefalleneMaterialien, eine puristische Einrichtung und warme Rot- und Brauntönegeben dem Restaurant eine freundliche Note. Im Parterre des modernenGebäudes befinden sich noch das mediterran geprägte Café, ein Bistround die Terasse. Innsbruck, www.der-pavillon.at

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Jausen-Pausen.Zur Jause, die in Tirol "Marende" genannt wird, gehören Speck, Kastanien, Wurst und Käse. © Alpine Gastgeber BMLFUW-Fotoservice Ost-Tirol Werbung GmbH

Schöneck. Ebenfalls in Innsbruck befindet sich das Wirtshaus von AlfredMiller, eine Tiroler Kochlegende, die in grauer Vorzeit im InnsbruckerAltstadt-Stüberl für Furore gesorgt hat. Aus der ehemaligenStudentenkneipe machte der Chefkoch ein gemütliches und stilvolles,kleines Gourmetwirtshaus, das beinahe Kultstatus und - als einzigerBetrieb Innsbrucks - einen Michelin-Stern erlangt hat. Für dieWeinauswahl ist Hans Stebeg, ebenfalls ein alter Hase der InnsbruckerGastro-Szene, verantwortlich.
Innsbruck, www.wirtshaus.schoeneck.com

Alexander. Der Spitzenkoch Alexander Fankhauser verzaubert seine Gästeim, auf 1.500 Metern Seehöhe, gelegenen Restaurant Alexander im HotelLamark mit ausgesuchten Köstlichkeiten. Sein kreativer Mix brachte ihmdrei Hauben sowie den Titel "Koch des Jahres 2005" ein. Auf derSonnenterrasse des Hotels mit Panoramablick auf die Berge lässt sichwährend des Tages internationale Küche, aber auch Tiroler Kostgenießen. Hochfügen, www.lamark.at

Schindlhaus. Unter dem Motto "Vier Hände, zwei Köpfe, eine Küche"stehen Christian und Markus Winkler in ihrem Restaurant hinter demHerd. Verwendet werden Produkte der Region kombiniert mit Gewürzen ausaller Welt. 2004 wurden sie dafür mit einem Michelin-Stern belohnt.Söll, www.schindlhaus.com

Kellerwirt. Untergebracht in 700 Jahre alten Mauern werden vollendetekulinarische Köstlichkeiten in den gemütlichen Stuben des OriginalTiroler Wirtshauses serviert. Besonders zu empfehlen sind diePressknödel nach einem alten Familienrezept, die feinen Wildgerichtezur Jagdsaison und das Tiroler Gröstl. In den denkmalgeschütztenGewölben darf natürlich ein Weinkeller mit dazugehöriger Bar nicht fehlen. Oberau, www.kellerwirt.com

Paznaunerstube. In der Paznaunerstube im Hotel Trofana Royal gibt3-Hauben-Koch und Koch des Jahres 2000 Martin Sieberer täglichKostproben seines besonderen Küchenstils. Regional und innovativ,leicht und doch gehaltvoll sind seine Kreationen. Mit Gerichten wieRotkrautschaumsuppe mit Entengrammelknödel gelingt der Spagat zwischenbodenständig und international.
Ischgl, www.trofana.at

Strasserwirt.Wo sich die Lienzer mit den Südtiroler Dolomiten treffen,liegt im Dorf Strassen der traditionsreiche Strasserwirt. In denverschiedenen Stuben oder auf der Terrasse lässt sich die Küche vonChef Werner Gander hervorragend genießen. Das Angebot konzentriert sichauf leichte Tiroler Haubenküche, Schmankerl und Spezialitäten aus Ost-und Südtirol. Strassen, www.strasserwirt.com

TIROL ZUM LESEN

    "Tiroler Küche", Peter Ploog
ISBN: 3-898-36424-0, Komet-Verlag
    "Tiroler Wirtshausküche", Otto und Jürgen Nentwich
ISBN: 3-900-07204-3, Hannes Hofinger-Verlag
    "Tirol kocht", Lois Hechenblaikner, Karin Longariva und Christoph Wagner
ISBN: 3-854-98296-8, Christian Brandstätter-Verlag