Salzburger Gastlichkeit

Ein Artikel von Rüdiger Martin | 22.06.2010 - 00:00

Herb oder süß?

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© Tourismus Salzburg

Die Gemäuer des heutigen "Zipfer Brauhaus" von Robert Schwarz waren einst das Zuhausevon Mozarts Schwester Nannerl. Apropos Mozart - die originalen Kugeln stammen von der Konditorei Fürst.

Eine Kugel namens Mozart oder das wogende Flaumgebirgeder Salzburger Nockerln - die Stadt bietetmehr als die klassischen Klischees aus dem DisneyLand des Fremdenverkehrs. Begleiten Sie mich daherauf einen Stadtrundgang zu jenen Lokalen, die noch nichtder Massenabspeisung erlegen sind. Ob gemütliche Patinaim Schatten der Universitätskirche zwischen Gries- undGetreidegasse, oder kleine Wegzehrung bei Hetti im Kai-Viertel gleich hinter dem Mozart-Platz - das sind nur zweider Geheimtipps für einen lukullischen Salzburg-Trip - ansHerz gelegt von einem Kenner.

Und sie dreht sich doch...

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© Rüdiger Martin

… die ewige Frage um die Mozartkugel. Als konfektioniertesKonfekt meist von Fließbändern diverser Hersteller rollend,hat man den Eindruck, das Getriebe der Metropolerotiere auf einem nougatgeschmierten Mozart-Kugellager.In handlichen Verpackungen oder als Einzelstücke erhältlich,gehen Souvenirstände an strategisch wichtigen Punktenin Stellung, um die Gäste mit einem wahren Mozartkugelhagelzu empfangen. Doch was hier im Namen desGenius loci verzehrt wird, sind selbsternannte Adoptiv-Prinzen alteingesessenen Patisserie-Adels.Das Original indes ist auch heute noch ein handgefertigtesUnikat. Diese Pretiose aus Pistazien, Nougat und Schokoladehat es nicht nötig, vor Schaufenstern um Aufmerksamkeitzu buhlen. Sie bleibt vielmehr standorttreu und wirdausnahmslos in wahrlich fürstlichem Haus und seinen Filialenvon qualitätsbewussten Kennern erworben. Die "KonditoreiFürst" gleich neben der Residenz und gegenüberdem noblen Café Tomaselli ist nämlich die Geburtsstättejener Edelpraline, die erfolgreich den Kampf um das begehrtePrädikat "Original" gewonnen hat. Seit 1890 wirdsie hier unverändert im Sinne ihres Schöpfers Paul Fürst aus hochwertigen Zutaten und ohne Konservierungsmittelhergestellt. Wenn Sie also Mozartkugeln als authentischesSouvenir mitnehmen wollen, dann empfehle ich Ihnen dieseAdresse.

Z wie Zipfer und zentral

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© Konditorei Fürst

Wer sich vor dem "Zipfer Brauhaus" verabredet, sollte wissen,welchen Eingang er meint. In die Schank kehrt manvon der Siegmund Haffner-Gasse ein, das Restaurant betrittman vom Universitätsplatz, also vom Grünmarkt her. Seitrund drei Jahrzehnten ist dieses emotional angereicherteGewölbe Zufl uchtstätte, um in eine zeitlose Sphäre einzutauchen.Nichts scheint sich verändert zu haben. Nahezuunbemerkt vollziehen sich behutsame Restaurierungen, umeinem der ältesten Häuser der Stadt - es wurde anno 1300erbaut - seine Würde zu belassen. In diesen Mauern lebtefast 30 Jahre auch Mozarts verwitwete Schwester Nannerlbis zu ihrem Tode 1829.Im Jahr 2004 übernahm der gelernte Koch Robert Schwarzdas Lokal von seinem Vater, den ich noch kannte. Zu 60Prozent sind es auch heute Stammgäste, die dem Hausetreu sind - das größte Kompliment für eine Gaststätte. Ichschätze hier die Pinzgauer Kasnocken. Was sonst oft alsklebrige Kleisterklumpen dieses Gerichts als Winteressendenunzierte, überrascht hier durch seine leichten, fl aumigenSpätzle. Vielleicht auch, weil er griffi ges Mehl verwendet,wie der junge Herbergsvater erklärt. Hausgemacht also.Dazu gönne ich mir das ebenso samtig wie seltene KaiserZwickl. Auch eine reizvolle Rariät: Der Blunznstrudel. NurSalzburger Nockerln serviert man hier nicht. "Verlangt jemandausdrücklich danach, empfehle ich das ,Café Mozart‘in der Getreidegasse. Die machen sie wirklich vorzüglich",rät der Gastronom. Warum er selbst auf diese Attraktionverzichtet, erfahren wir später.

Standln, Standl und der wilde Mann

Verlassen wir das "Zipfer Brauhaus" durch das Restaurant.Der Grünmarkt am Universitätsplatz ist nicht nur vegetabilerVersorgungsstützpunkt, sondern Samstag vormittags beliebterTreffpunkt der Eingeborenen. Rechts ein Würstelstand,der seit undenklichen Zeiten die berühmten langen Mexikaneraus dem Kessel holt. Hier treffen wir auch Roswitha Eder,eine Standlerin mit erlesenen Produkten wie diverse aromatisierteSalze, ihrem Vino cotto - ein italienischer Dessertweinaus eingedicktem Traubenmost - und anderen ausgefalleneSpezereien. Für unsere kulinarische Salzburg-Exkursion hatauch sie zwei Tipps parat: "Fragt man mich, wo man gut essenkann, dann empfehle ich die ,Konditorei Schatz‘ und den,Wilden Mann‘", sagt sie, "oft kommen Leute, um sich fürdiese Empfehlung zu bedanken."Der "Wilde Mann" ist ein Lokal mit Tradition. Gut verborgenhaust er zwischen den touristischen Staustrecken derGetreide- und der Griesgasse, die übrigens nicht nach Cerealien,sondern nach dem von der Salzach angeschwemmtenSand benannt wurde. Kommt man von der Getreidegasse,schlüpft man bei Nummer 22 in ein Durchhaus, inden Niederleghof. Dieser schläfrige Namen zeugt indesvon aufgeweckt pragmatischer Denkungsart vergangenerJahrhunderte, denn hier befand sich das städtische Lagerhaus,das alle auswärtigen Händler verpfl ichtete, ihre Waregegen Gebühr hier niederzulegen. Ein Blick in die umfangreicheSpeisekarte zeigt: Das panierte Salzburger SchnitzerlReisen Salzburgist sattsam gefüllt mit Speck, Zwiebel und Champignonsund auch sonst pfl egt man hier ungebrochen bodenständigeKüche in fast heimatfi lmreifem Ambiente. Und dass derg´standene Wirt Robert Standl selbst im Wald den Bärlauchbrockt, ist schon vertrauenerweckend.

Stadt des Biers

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© Rüdiger Martin

Als Christoph Columbus anno 1492 gerade Amerika entdeckte,setzte in Salzburg ein kleines Bräuhaus an der Stiegezur Salzach ebenfalls einen historischen Meilenstein: Stiegl,das Salzburger Bier, ist meist auch das Bier der Salzburger.Doch längst schon eroberte die leistungsstarke "StieglBrauerei" im Stadtteil Maxglan ganz Österreich. WenigeSchritte vom Kapitel-Platz unterhalb der Festung schmiegtsich der "Stiegl Keller" direkt in den Fels des Mönchsberges.Wenn die Terrasse in Betrieb ist, blickt man auf dieDächer und Türme der Stadt. Wer sich näher über die Geschichtedieses Gerstensaftes informieren möchte, dem rateich zu einem Besuch in "Stiegls Brauwelt".Nur ein kurzer Spaziergang die Salzach abwärts, und wirerreichen jene von mir überaus geschätzte Institution, dieder Volksmund nur das "Bräustübl" nennt: Das legendäre"Augustiner Bräu" im Stadtteil Mülln. Ein würziges Märzen,aus schäumenden Steingut-Krügen ausgeschenkt, wirdzu wahrhaft christlichen Preisen angeboten. Das Bier sollfür alle leistbar sein, so das Credo. Die Jausn holt man sichje nach Gusto im Standl-Gang. Tipps für Fortgeschrittene gefällig? Überqueren wir dieSalzach und schlendern die Linzer Gasse auswärts zumStadtteil Schallmoos. Keine 15 Minuten und wir stehen vorder Qual der Wahl: "Die Weisse" in der Rupertgasse odergleich ums Eck in der Schallmooser Hauptstraße "s´KloaneBräuhaus" in Kastners Schänke. "Die Weiße" ist ein kleinerGigant. Mit 3.000 Hektoliter erfreut Braumeister WolfgangSchweitl nicht nur seine Gemeinde, sondern auch in Wiendas Szene-Lokal "Die Wäscherei" in der Albertgasse imachten Bezirk, wo also gleichsam weiß gewaschen wird. Intimergeht es im "s´Kloane Bräuhaus" zu. Dort lässt man denGast zwar erst ab 17 Uhr ein, dafür aber wird man mit zweihausgebrauten Sorten erfrischt: Das Weizerl - nomen estomen - und das Gerstl, ein gefügig rinnendes Helles.

Wild auf Bier

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© Rüdiger Martin

"Zum Wilden Mann" - ein Lokal mit Tradition und bodenständiger Küche. Im "Augustiner Bräu" wird Märzen aus Steingut-Krügen getrunken.

Zwischen Leberkas und Tramezzini

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© Rüdiger Martin

Zugegeben - dass ihr Lokal in der Chiemseegasse "Piacere"heißt, war mir bislang egal. Dass aber ihr Leberkäse fürmich der beste der Stadt ist, interessiert mich umso mehr.Für 1,50 Euro verzehre ich dort ein stattliches Leberkäs-Semmerl. "Pfefferoni oder Kren dazua?", fragt sie. DerPreis bleibt gleich. Bekannt wurde Hetti Göhner jedochdurch ihre raffi nierten Tramezzini sowie ihre reizvollenSalate, die sie nach Wunsch vor den Augen des Kundenkomponiert und ihr schon in einigen Salzburger BlätternLobeshymnen einbrachte. Auch in ihrem Catering spielensie eine entscheidende Rolle. Also, wenn unterwegs der kleine Hunger kommt, schauen Sie bei der Hetti vorbei. Obauf Leberkäs, Salate oder Tramezzini - egal, schmecken tutes auf jeden Fall. Und günstig ist es auch.

Einfach oder gehoben.

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© Rüdiger Martin

Bei Hetti Göhner gibt´s Tramezzini und denangeblich besten Leberkäse der Stadt. Richard Brunnauer begeistert inseinem Drei-Hauben-Restaurant "Riedenburg" anspruchsvollere Gourmets.

REZEPT von Richard Brunnauer, "Restaurant Riedenburg"

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© Restaurant Riedenburg/Unterrainer Foto Digital Studio

Zu Richard Brunnauers köstlichem Rezept für ein
Tauernlamm auf Schalottencreme mit Junglauch und Belper Knolle
geht's HIER!

Wie das Tauernlamm unter drei Hauben kam

Helle Vertäfelung im Stil um 1900, elegant dezentes Ambientein feiner Balance zwischen Tradition und Moderne- im "Restaurant Riedenburg" sollte man seinen Hochzeitstagoder andere hochkarätige Anlässe zelebrieren. Seit Juni2000 stimuliert Küchenchef Richard Brunnauer gekonntdie Papillen anspruchsvoller Gourmets - drei Gault Millau-Hauben, ein Michelin-Stern und die Gourmet-AuszeichnungA la Carte-Trophée sind der Lohn dafür. Veredeltwerden vorwiegend heimische Produkte. Wie etwa WalserGemüse, das nur wenige Kilometer entfernt auf den Feldernreift. Das ist ihm wichtig. Ein symbiotisches Verhältnisergibt sich indes beim Thema Wild, das er auch von seinenjagenden Gästen kauft. "Auf die Qualität kann ich mich verlassen",bekräftigt der begeisterte Oldtimer-Fahrer - undfreundlich überreicht er mir für unsere Leser das Rezept fürseine Tauernlamm-Kreation.

Und doch: Salzburger Nockerln

Kaum zu glauben: Manche Touristen kennen nur den Namen,nicht aber Konsistenz und Komplikationen diesesDesserts. Es ist eine zeitaufwendige Sache, dem Soufl éedie ganze Aufmerksamkeit zu schenken, die es braucht, umsich unbeschadet aufzuplustern. "20 Minuten müsste icheinen eigenen Koch dafür abstellen", erklärt Schwarz, derbereits erwähnte jugendliche Zipfer-Held. Auch im "GasthausHinterbrühl" in der Schanzelgasse bestätigt man diesmit aller Ehrlichkeit. Und das sind ausgewiesene Spezialistendieser Gattung. Zügeln Sie also Ihre Ungeduld, wennSie darauf warten müssen. Und übrigens, "SN to go", alsoSalzburger Nockerln zum Mitnehmen, ist unmöglich. DieseFrage ist ein Running Gag und erheitert bis heute noch somanche Gastronomen.

>> Adressen

> Augustiner Bräu
5020 Salzburg Lindhofstraße 7
Tel.: 0662/43 12 46, www.augustinerbier.at
> Café Mozart
5020 Salzburg, Getreidegasse 22
Tel.: 0662/84 39 58, www.cafemozartsalzburg.at
> Die Weiße
5020 Salzburg, Rupertgasse 10
Tel.: 0662/87 22 46, www.dieweisse.at
> Gasthaus Hinterbrühl
5020 Salzburg, Schanzlgasse12
Tel.: 0662/84 67 98, www.fam-wagner.at
> Konditorei Fürst
5020 Salzburg, Brodgasse 13
Tel.: 0662/84 37 59, www.fuerst.cc
(Filialen am Mirabellplatz, in der Sigmund Haffner Gasse
und in der Getreidegasse)
> Konditorei Schatz
5020 Salzburg, Getreidegasse 3a
Tel.: 0662/84 27 92
> Piacere
5020 Salzburg, Chiemseegasse 4
Tel.: 0676/402 09 49
> Restaurant Riedenburg
5020 Salzburg, Neutorstraße 31
Tel.: 0662/83 08 15, www.riedenburg.at
> Roswitha Eder
5072 Salzburg, Kracherstraße 7
Tel.: 0662/85 57 14 (Stand am Salzburger Grünmarkt)
> s’Kloane Brauhaus
5020 Salzburg, Schallmooser Hauptstraße 27
Tel.: 0662/87 11 54
> Stiegl Brauerei zu Salzburg
5017 Salzburg, Kendlerstraße 1
Tel.: 0662/83 87-0, www.stiegl.at
(Stiegl Keller in der Festungsgasse,
Stiegl Brauwelt in der Bräuhausstraße)
> Zipfer Brauhaus
5020 Salzburg, Universitätsplatz 19/Sigmund-Haffner-
Gasse 12, Tel.: 0662/84 07 45, www.zipfer-bierhaus.at
> Zum Wilden Mann
5020 Salzburg, Getreidegasse 20
Tel.: 0662/84 17 87