Kulinarisches rund um den See

Ein Artikel von Barbara Kunze | 23.06.2012 - 17:09
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Seerundfahrt.Es kann kein Zufall sein, dass sich diebesten Produzenten des Burgenlandesrund um den Neusiedlersee befi nden. © Shutterstock

Wer sich gerne gutem Wein und hochwertigen Lebensmitteln hingibt, wird im gesamten Burgenland fündig. Wenn man sich aber die Adressen der besten Produzenten genauer ansieht, fällt einem auf, dass diese besonders stark um den Neusiedlersee konzentriert sind. Zufall? Keineswegs, denn der See und seine Umgebung halten neben der wunderschönen Landschaft auch ganz besondere klimatische Bedingungen bereit. Heiße Sommer, feucht-milde Herbstnächte und klirrend kalte Winter fordern die Rebstöcke und Winzer der Region. Die übrige regionale Fauna und Flora haben sich dem Jahreszeitenwechsel gut angepasst. Ergebnis ist ein breites Spektrum an kulinarischen Erzeugnissen, die zu einer Seerundfahrt der besonderen Art einladen. 

Erste Etappe: Süß und schmalzig in Rust

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Ruster Ausbruch. Kurt Feiler - hier im Bild mit seiner Mutter Inge ? produziertneben sortenreinen Ausbrüchen auch eine große Anzahl an Auslesen. © Barbara Kunze

Das malerische Rust wirkt nicht nur auf den ersten, sondern auch auf den zweiten Blick ziemlich verschlafen. Doch hinter den schweren Holztoren der alten, bunt bemalten burgenländischen Winzerhäuser lagern goldene Schätze. Der berühmte Ruster Ausbruch ist nicht nur dafür verantwortlich, dass Rust seit 1681 das Stadtrecht besitzt (bei nicht einmal 2.000 Einwohnern), sondern begeistert Weinkenner auf der ganzen Welt. Der besonders in den seenahen Weingärten auftretende Edelschimmelpilz Botrytis cinerea perforiert die Häute der Weintrauben, der stetige Wind und die sengende Sonne besorgen den Rest: Die Beeren trocknen zu Rosinen. Diese werden per Hand aus der Traube „ausgebrochen“ (daher der Name Ausbruch) und zu Süßwein gekeltert. Geschmacklich liegt der Ausbruch zwischen Beerenauslese und Trockenbeerenauslese, wobei die meisten Winzer eher auf hohe Zuckergradationen hinarbeiten – zumindest wenn es der Jahrgang erlaubt. Denn die Botrytis meint es nicht immer gut mit den Winzern und kann in feuchten Jahren und bei falscher Handhabung die Arbeit eines ganzen Jahres verrotten lassen. Einer, der dieses Spiel mit einer Mischung aus Risikobereitschaft und Erfahrung besonders gut im Griff hat, ist Kurt Feiler vom Weingut Feiler-Artinger. Sein Großvater war der Erste, der nach dem Krieg wieder gezielt einen Ruster Ausbruch gekeltert hat. Mittlerweile füllen die Feilers neben sortenreinen Ausbrüchen auch eine große Auswahl an Auslesen und Beerenauslesen ab, die wie die hauseigenen Rotund Weißweine im Weingut verkostet werden können. Nur wenige Meter weiter, am Ruster Rathausplatz, kann man vom Süßen zum Deftig-schmalzigen wechseln. Richard und Beate Triebaumer sind wohl das, was man als autarke Erzeuger bezeichnen kann. Sie halten Wollschweine, schlachten selbst und verarbeiten das Fleisch zusammen mit dem, was im eigenen Garten wächst. Schließlich werden die Rohwürste, Schinken, Speck, sowie eingelegtes Gemüse, Marmeladen und Sugos im eigenen Haus verkauft. Besonders hervorzuheben sind die verschiedenen Schmalze in den Sorten Kürbis, Dörrzwetschke-Olive und Paprika-Limette. Danach wird man einen Schnaps brauchen, glücklicherweise bieten die Triebaumers eine Auswahl aus Quitte, Muskateller, Vogelbeere und Hagebutte.

Zweite Etappe: Sautanz in Purbach

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© Barbara Kunze

Dass es wieder Zeiten gibt, in denen Interessierte einen weiten Weg in Kauf nehmen, um Kuheuter und Hirschhoden zu verspeisen, hat sich vielleicht nicht jeder in der Gastro-Szene ausrechnen können. Tatsache ist aber, dass Max Stiegl die Innereienjünger genau damit auf sein Gut Purbach lockt. Ein ganz besonderes Festmahl ist der jährlich im Herbst (heuer am 1. Dezember 2012) stattfi ndende Sautanz, bei dem Zerlegung und Zubereitung eines ganzen Schweines vor dem hungrigen Publikum zelebriert werden. Einige wenige Male im Jahr wird ein spezielles „Menü aus dem Inneren des Tieres“ angeboten, bei dem sich alles um die inneren Werte dreht. Schön, dass sich noch jemand zutraut, ganze Tiere zu verarbeiten!

Dritte Etappe: Shoppen, bis nichts mehr ins Auto passt in Neusiedl

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© Barbara Kunze

Keine Zeit, alle interessanten Weingüter und Spezereien- Produzenten abzuklappern? Mitten in Neusiedl schafft das Weinwerk Abhilfe. Neben 500 Weinen von 150 burgenländischen Winzern steht eine große Vielfalt von süß oder sauer Eingemachtem, Honig, Käse und Wurstwaren zum Verkauf. Ein paar Kilometer weiter weg vom See fi ndet jeden ersten Samstag im Monat und von April bis September zusätzlich jeden dritten Samstag der Markt der Erde in Parndorf statt. Organisiert von Slow Food Burgenland bieten lokale Produzenten hier unter anderem Frischfl eisch vom grauen Steppenrind, Schinken und Speck vom Mangalitza Schwein, sowie Süßes von der Leithaberger Edelkirsche und Kittseer Marille an. Kirschenlust, lass dich einkochen, Gans langsam essen, Sturm & Erntedank oder Kräuter auf der Heide – jeder Samstag folgt einem anderen Motto.

Vierte Etappe: Dankbar in Podersorf

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Fleisch & Gemüse. Am 1. Dezember fi ndet in Purbach der Sautanz statt, bei der ein ganzes Schwein zerlegt und zubereitet wird.Paradeiserkönig Erich Stekovics mit den Früchten seiner Arbeit. © Barbara Kunze

Josef Lentsch ist ein Mann mit mehreren Gesichtern. Unter der Woche hält er sich zumeist im Keller auf, wo er wirklich gute Weine keltert. Am Wochenende wirft er sich in Schale und bewirtet seine Gäste im Gasthaus zur Dankbarkeit. In der gutbürgerlich eingerichteten Stube bekommt man zum Gedeck würzige Hartwurstscheiben, danach muss man unbedingt die jiddische Hühnerleber probieren. Ansonsten fi ndet sich auf der wechselnden Karte all das, was Saison, See und Umland hergeben: Mangalitzaschwein, Steppenrind, Neusiedlersee-Zander, viel Kraut und Paprika. Als süßer Abschluss der österreichisch-ungarischen Küchenkompositionen empfehlen sich Somlauer Nockerl oder die Gundelpalatschinke. Gesellig geht es im urigen Schankraum zu, wo sich die Einheimischen ein bisschen legerer mit dem einen oder anderen Glaserl zuprosten und sich eine hausgemachte Blutwurst schmecken lassen. Selbige steht auch im Heurigen Podersdorfer Weinstuben auf der Karte, der sich nur wenige Meter von der Dankbarkeit entfernt befi ndet und von April bis Ende Oktober einen schönen Gastgarten zur Einkehr bietet. Hier gibt es Eigenbau-Wein und eine deftige Jause, zusammengestellt aus dem Besten, was die Erzeuger der Umgebung zu bieten haben. Dazu gehört „Eingelegtes vom Erich“, zu dem uns unsere nächste Etappe führt.

Fünfte Etappe: Am Paradeiserfeld in Frauenkirchen

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© Barbara Kunze

Bewaffnet mit nichts als einem Messer mit buntem Plastikgriff, führt Erich Stekovics interessierte Besucher stolz über seine Felder. Dabei ist an dem studierten Theologen beinahe ein Showmaster verloren gegangen, so enthusiastisch predigt er von der richtigen Art, Paradeiser zu kultivieren: „Kein Gießen, kein Ausgeizen. Natur pur!“ Expertise kann man ihm nicht abstreiten, immerhin pfl anzt er jährlich um die 500 verschiedene Paradeiser aus seinem Saatgut-Vorrat, der über 3.000 Sorten zählt. Seinem Steckenpferd – Chilis in zahlreichen Varianten – frönt er ebenso wie der Kultivierung von alten Obstsorten und der Aufzucht einer überschaubaren Anzahl an Weidegänsen. Letztere kommen zur Martinigansl-Zeit bei Josef Lentsch in der Dankbarkeit auf die Teller – rechtzeitig reservieren! Das gilt auch für die Paradeiser-Führungen, die Mitte Juli bis Mitte September stattfi nden – eben dann, wenn die Paradeiser reif sind. Schließlich dürfen sich die Besucher durch das Feld kosten und erhaschen kleine Einblicke in die Produktion der eingemachten Köstlichkeiten. Die vollreife, sonnenwarme Ernte wird schleunigst in der Hofküche eingekocht, per Hand in Gläser gefüllt und im Fall der pikanten Varianten mit Essigen von befreundeten Winzern haltbar gemacht. Wer inspiriert von den neuen Eindrücken schließlich selbst unter die Paradeiser- oder Chili-Bauern gehen möchte, kann Ende April bis Ende Mai Pfl anzen mit den klingenden Namen Feuerwerk, Hillbilly, Justus Zuckersüß, Marktwunder oder Prairie Fire erstehen.

Sechste Etappe: Auf Strohmatten gebettet in Illmitz

Unsere Rundreise endet so, wie sie begonnen hat: süß. Wie die Winzerkollegen von der Seeseite gegenüber haben sich auch die Illmitzer auf Süßwein spezialisiert. Was den Rustern ihr Ausbruch ist den Seewinklern ihr Schilfwein. In Folientunneln auf Schilfstroh des Neusiedlersees fein säuberlich aufgelegt, lagern grüne, aber auch blaue Weintrauben so lange, bis sie zu Rosinen geschrumpft sind. Diese werden gepresst und so zum süßen Elixier. Wenn der Winter wieder einmal besonders streng war, freuen sich nicht nur die Kinder, die in Schlittschuhen über den See laufen dürfen, sondern auch wieder die Weinliebhaber: über den Eiswein.

>> Adressen

 Produzenten    > Weingut Feiler-Artinger 7071 Rust, Hauptstraße 3 Tel.: 02685 237, www.feiler-artinger.at      > Richard und Beate Triebaumer 7071 Rust, Rathausplatz 4 Tel.: 02685 20438, www.triebaumerrichard.at      > Erich Stekovics 7132 Frauenkirchen, Schäferhof 13 Tel.: 0676 966 07 05, www.stekovics.at   Restaurants    > Gut Purbach 7083 Purbach, Hauptgasse 64 Tel.: 02683 56086, www.gutpurbach.at      > Gasthaus zur Dankbarkeit 7141 Podersdorf, Hauptstraße 39 Tel.: 02177 2223, www.dankbarkeit.at      > Heuriger Podersdorfer Weinstuben 7141 Podersdorf, Winklergasse 30 Tel.: 02177 2223, www.dankbarkeit.at   Einkaufen    > Weinwerk 7100 Neusiedl am See, Obere Hauptstraße 31 Tel.: 02167 207 05, www.weinwerk.at      > Slow Food Markt der Erde 7111 Parndorf, Schulgasse 1g Tel.: 0676 9626791, www.marktdererde.at