Der Weinjahrgang 2022 übertrifft die Erwartungen

Ein Artikel von Birgit Kowarik | 17.02.2023 - 10:35
OeWM_Robert-Herbst_traubenkontrolle_winzerjahr_2021_aigner80.jpeg

Winzerin bei der Traubenkontrolle © ÖWM Robert Herbst

Es gibt nur mehr wenige Faktoren, die bei der Weinherstellung nicht durch Wissen und Erfahrung der WinzerInnen beeinflusst werden können. Einer davon ist der Witterungsverlauf des jeweiligen Weinjahres. Bedingungen wie Regen, Sonne, Wärme, Kälte, trockenes oder feuchtes Klima beeinflussen den Zeitpunkt der sogenannten physiologischen Reife der Beeren. Diese Reife repräsentiert sozusagen den optimalen Erntezeitpunkt. Im Idealfall sind dabei alle Kriterien, die zu einem guten Wein führen, im Gleichgewicht, wie Alkohol- und Säurewerte, Ausbildung von Aromen bei Weißweinen und die Reife der Traubenkerne bei Rotweinen.

In den vergangenen zwanzig Jahren gab es erfreulicherweise kaum schlechte Weinjahre. Bis auf den kühlen und feuchten Jahrgang 2014 und den anfangs kritisch beäugten Jahrgang 2010 verzeichnete man keine nennenswerten regionsübergreifenden Wetterkapriolen, die zu signifikanten wirtschaftlichen Einbrüchen in der heimischen Winzerszene geführt hätten. Trotzdem werden die aktuellen Weinjahrgänge immer mit Spannung und Vorfreude erwartet.

Warum das so ist, liegt wohl einerseits an der österreichischen Vorliebe der WeinkonsumentInnen für überwiegend junge (Weiß)weine, vor allem dann, wenn die Vorräte schon leer sind. Anderseits gibt es wohl auch ein spekulatives Momentum. Das Wissen über die Langlebigkeit mancher Weine von Österreichs Spitzenwinzern, insbesondere bei herausragenden Jahrgängen, ist schon längst schon international bekannt. Vor allem bei den Reservequalitäten und Riedenweinen lassen sich hier höhere Preise erzielen.

Aber jetzt zum Jahrgang 2022: Auf ein trockenes Frühjahr mit Temperaturschwankungen folgte der Austrieb relativ spät (Ende April), die Blüte kam dann jedoch etwas früher. Niederschläge um die Blütezeit führten zu Pilzdruck, daher ist eine sorgsame Weingartenpflege notwendig gewesen. Im Juli und August war die extreme Trockenheit besonders herausfordernd in Junganlagen. Gottseidank gab es nur punktuelle Hagel- und Starkregenereignisse. Der ersehnte Niederschlag Ende August begünstigte Traubenreife und die Lese erfolgte – auch aufgrund einsetzender Niederschläge Anfang September - etwas früher als im Vorjahr. Mengenmäßig wurde die Prognose der Erntemenge für 2022 mit 2,52 Hektoliter überschritten (Quelle: ÖWM, WKO/BM f. Land- u. Forstwirtschaft).

Jedenfalls präsentieren sich die jungen Weißweine teilweise frischer und spritziger als erwartet und das trotz des heißen und trockenen Sommers und die damit einhergehenden geringeren Säurewerte im Vergleich zum Vorjahr. Bei den Rotweinen erwarten die ErzeugerInnen langlebige Weine von hoher Qualität, da die Tannine ausgereift sind und viel Fruchtextrakt vorhanden ist.