Woher kommt die Petrolnote im Riesling?

Ein Artikel von Redaktion | 23.04.2024 - 09:33

Der Klimawandel macht auch vor Weinreben nicht halt. Zu viel Sonne führt dazu, dass das Bouquet von deutschen Riesling-Weinen immer stärker von einer Petrolnote geprägt ist, die nicht jedem mundet. Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München hat nun erstmals den menschlichen Geruchsrezeptor identifiziert, der für die Wahrnehmung dieser speziellen Aromanote verantwortlich ist. 

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© ÖWM, WSNA

Edelweinrebe Riesling
Die Weinrebe (Vitis vinifera) ist eine der wirtschaftlich bedeutsamsten Obstpflanzen, wobei der Riesling zu den klassischen Rebsorten zählt. Das Bouquet dieses Weißweins präsentiert sich durch blumige, fruchtige und honigartige Nuancen, begleitet von einer mehr oder weniger ausgeprägten Petrolnote. Letztere ist auf einen Geruchsstoff mit dem chemischen Namen 1,1,6-Trimethyl-1,2-dihydronaphthalin (TDN) zurückzuführen. Geringe und moderate Konzentrationen dieses Duftstoffs tragen zur Komplexität des Weinbouquets bei. Jedoch stoßen Weine mit höheren Gehalten bei hiesigen Verbraucherinnen und Verbraucher häufig auf Ablehnung.

Menschliche Geruchsrezeptoren
Der Mensch besitzt insgesamt etwa 400 verschiedene Geruchsrezeptorgene, die wiederum bis zu 600 verschiedene, allelische Rezeptorvarianten in der Nasenschleimhaut kodieren. Letztere sind für die Wahrnehmung und Unterscheidung verschiedener Gerüche verantwortlich. Es besteht jedoch noch Forschungsbedarf, um die genaue Anzahl und Funktion aller Rezeptorvarianten zu ermitteln. Gegenwärtig ist lediglich für etwa 20 Prozent der menschlichen Geruchsrezeptoren bekannt, welche Geruchsstoffe sie erkennen können.

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© J. Krpelan / Leibniz-LSB@TUM

Höhere UV-Belastung verstärkt Petrolnote
Im Vergleich zu deutschem Riesling weisen Riesling-Weine aus Südafrika oder Australien generell deutlich höhere Konzentrationen der Geruchskomponente auf. Der Grund dafür scheint die in der südlichen Hemisphäre höhere UV-Belastung der Trauben zu sein, die zu einer erhöhten Carotinoid-Produktion in den Pflanzen führt. Diese natürlichen Farbstoffe dienen ähnlich wie Pigmente in menschlicher Haut als Sonnenschutz. Sie sind jedoch auch molekulare Vorstufen des Geruchsstoffs TDN.

Rezeptor mit spezifischem Erkennungsprofil
Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass die Geruchswahrnehmungsschwelle der olfaktorisch an Petroleum und Kerosin erinnernden Substanz zwischen ca. 2 und 20 Mikrogramm pro Liter liegt. Dennoch war der menschliche Geruchsrezeptor für den Duftstoff bislang unbekannt. Wie das Forschungsteam um Dietmar Krautwurst nun erstmals zeigt, handelt es sich um den Rezeptor OR8H1. Die Forschenden gehen davon aus, dass ein vertieftes Verständnis der molekularen Hintergründe langfristig dazu führen wird, neue Sensortechnologien für Lebensmittelaromen zu entwickeln. Mit diesen ließe sich dann nicht nur die Petrolnote in Weinen besser kontrollieren, sondern auch das Auftreten von (Fehl)aromen in anderen Lebensmitteln.

Quelle:: www.leibniz-lsb.de/presse-oeffentlichkeit/pm-20240416-pressemitteilung-petrolnote-im-rieslingwein