Königlicher Rohdiamant

Ein Artikel von Andrea Sturm | 05.01.2021 - 07:00
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© Herbert Lehmann

Sie ist uns seit vielen Jahrzehnten vertraut, bleibt doch immer ein bisserl exotisch und ist die wahre Königin der Würste: Die Salami zeigt in all ihren Varianten eine wirklich gelungene Integration im Alpenland, ohne dabei ihren Herkunfts-Charakter aufzugeben. Sie schmeckt im besten Fall nach pittoresken Terrassen, auf denen man noch nie gesessen hat, und entfaltet ihre wahre sinnliche Größe in Verbindung mit einem Gläschen frischen roten Landwein. Das GENUSS.Magazin wollte wissen, was die österreichischen Fleischer aus dem klingenden Namen machen, und hat eine Jury eingeladen, 24 klassische und zwei besondere Produkte zu verkosten.

Auf den Tisch kam nur pure Stangenware mit dem traditionellen Edelschimmel. Tatsächlich ist die Salami auch mit diesen Einschränkungen erstaunlich wandelbar. Hauptbestandteile sind normalerweise Rind- und Schweinefleisch, Varianten mit Wild, Pute oder Schaf und Ziege sind aber ebenfalls verbreitet. Nur den sprichwörtlichen Esel sucht man – zumindest heutzutage – in der Salami vergebens.

Pfeffer ist fast immer dabei

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© Herbert Lehmann

Auch in der Würze gibt es große Unterschiede je nach Region und Philosophie. Pfeffer ist fast immer dabei, doch schon bei den verwendeten Kräutern scheiden sich die Vorstellungen der Hersteller. Von zurückhaltenden Küchenklassikern bis hin zu dominanter Exotik war bei unseren Kandidaten alles vertreten. Eines aber ist jeder Salami sicher: das namensgebende Salz. „Salami“ bezeichnet ursprünglich „gesalzenes Fleisch”, und neben dem Hauptgeschmack ist damit auch schon die Herstellung definiert. Einsalzen gehört zu den ältesten Methoden, Fleischprodukte haltbar zu machen, daher ist der wahre Ursprung der Salami heute nur noch schwer festzulegen. Einige Forscher wollen ihre Geschichte gar bis in die Zeit der Langobarden verfolgt haben, die für ihre Wanderungen haltbaren Proviant brauchten.
Die Herstellung hat sich im Lauf der Jahrhunderte jedenfalls wenig verändert. Muskelfleisch, Fett und Salz, in Därme abgefüllt, werden einem Trocknungsprozess unterzogen, der der Wurst bis zur Fertigstellung 30 bis 35 Prozent Wasser entzieht. An der Außenseite fermentiert im Reifungsprozess der charakteristische Edelschimmel, der sich je nach Sorte als dichter weißer Mantel oder auch nur als sanfter heller Schatten zeigt.
Unterschiede zwischen den traditionellen italienischen Sorten entstehen, neben den Würz-Varianten, aus der Dauer der Trocknung und dem Luftklima, in dem sie stattfindet.

Der ungarische Weg

Eine besondere Entwicklung nahm die Salami in Ungarn, seit Mark Pick Ende des 19. Jahrhunderts die italie­nische Nationalwurst mit nach Hause brachte und sie in Szeged einbürgerte. Salami ungarischer Art ist meist würzintensiver, manchmal leicht angeräuchert, enthält häufig Paprika, den man in italienischen Sorten kaum findet, und ist meist bissfester.
Auch in Österreich widmen sich traditionelle wie junge Fleischer gerne der Salamiherstellung. Die Rohwurst gilt wegen ihrer schwierigen Reifung als „Meisterstück“ in der Wursterzeugung, und um den edlen Schimmel optimal auf der Stange wachsen zu sehen, muss der Hersteller schon einiges an Erfahrung, aber auch Geduld mitbringen.

Edler Schimmel oder doch Stärke

Der edle Schimmel ist allerdings nicht immer echt. Schnellgetrocknete Varianten erhalten statt des Schimmelmantels eine „Veredelung“ mit Stärke beziehungsweise Mehl – ein Umstand, der sich mit einfachen Mitteln überprüfen lässt: Etwas Jod aus der Hausapotheke auf den Belag aufgetragen, bleibt im Falle echten Schimmels unverfärbt, beim Stärkemantel wird es aber blau oder schwarz. Ein so getestetes Stück Wursthaut sollte man allerdings nicht nur aus kulinarischen Gründen nicht mehr verzehren.

Sieger aus der Steiermark

Für die Verkostung erhielten die Jurymitglieder je eine dicke und eine dünne Scheibe, um Optik, Haptik, Konsistenz, Geruch sowie den Geschmack als wichtigstes Merkmal zu überprüfen. Viele Wurstplättchen später stand der Sieger fest. Die Landsberger Salami von Franz Josef Kollar aus Deutschlandsberg in der Weststeiermark begeisterte mit ihrer gut ausgeprägten Reifenote, die durch die Würzung mit Pfeffer-, Senf- und Wacholdernoten optimal unterstützt wurde. Auf dem zweiten Platz landete ein italienisches Produkt, die Gusto Italiano Salami Milano, erhältlich bei Hofer. Sie zeigte feine Reifearomatik, zarte Würze mit Lorbeer, Koriander und Senfnote sowie dichten Pfeffer in Harmonie. Den dritten Platz teilten sich gleich vier Kandidaten. Die ungarische Salami von Pick überzeugte mit aromatischem Duft und edelreifer Note bei harmonischer Würze mit Wacholdernote. Die einzige französische Salami von Le Mazet, erhältlich bei Merkur, hatte eine pfeffrige Kräuteraromatik bei fester, aber saftiger Konsistenz vorzuweisen. Die Clever-Haussalami, erhältlich bei Billa, hergestellt von Stastnik, konnte schon optisch mit mosaikartigem Schnittbild punkten und mundete am Gaumen mit feinen Reifearomen in guter klassischer Balance mit Salz und Pfeffer. Die Haussalami von Wiesenberger aus dem oberösterreichischen Peuerbach begeisterte mit ihrer feinen Körnung, dem nussig-kernigen Geschmack und der ausgewogenen Würze.

Außer Konkurrenz, aber dafür sensationell

Zwei Spezialprodukte des Kärntner Salamispezialisten Frierss wurden ebenfalls verkostet – außer Konkurrenz und nach dem eigentlichen Teilnehmerfeld, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen. Die Jury zeigte sich besonders von der Trüffelsalami begeistert, die mit der optimalen Note 5,0 abschnitt, aber auch für die Fenchelsalami wäre mit nur einem Zehntelpunkt weniger ein absoluter Spitzenplatz drin gewesen.

Bis hin zu Platz 12 blieb das Feld sehr eng zusammen: Mit 3,9 auf der umgekehrten Schulnotenskala von 1 als schlechteste und 5 als beste Note können Feinspitze durchaus auch in die anderen Kandidaten tief hineinschnuppern.
Am anderen Ende des Feldes hatte am häufigsten zu viel Salz oder unausgewogene Würze zu Punkteabzügen geführt.

Die Top-12 der GENUSS.Salamiverkostung finden Sie hier zum Download.
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Dieser Artikel ist im GENUSS.Magazin 07/2020 erschienen.

GENUSS.Kostjury & TeilnehmerInnen

Verkostungsleiter: Johannes Rottensteiner