Advent mit viel Genuss und wenig Völlerei

Ein Artikel von Julia Schätzer | 16.12.2020 - 17:00
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© Jill Wellington/pixabay.com

Zur Weihnachtszeit wird traditionell viel konsumiert, die Backstuben werden angeheizt, Weihnachtskekse verteilt, süße Adventkalender verschenkt. Hinzu kommt, dass die Zeit der Besinnung allseits von vorweihnachtlicher Hektik, Stress und Termindruck dominiert wird. Für viele ein Grund mehr, tiefer in die Keksdose zu greifen. Eine mahnende Stimme im Hinterkopf meldet sich bei so manchem, wohlwissend über die Bilanz auf dem Kalorienkonto.

Wenn wir etwas essen oder trinken, dann kommt es zu einem Zusammenspiel unserer fünf Sinne, unserem Gedächtnis, unseren Erfahrungen und Erwartungen bei der Bewertung einer Speise oder eines Getränks. Dabei sind unsere Sinne nicht starr, sondern können auch trainiert werden.

Das Sehen

Das Auge isst mit – wie wahr doch dieser Ausspruch ist. Es erfreut sich beim Essen an abwechslungsreichen Farben auf dem Teller und an einem ästhetischen Arrangement der Speise.
Tipp: Verwöhnen Sie Ihren Sehsinn gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit mit Farbenfrohheit. Oranges Kürbisgemüse, Roter Rübensalat oder grüner Feldsalat versprechen wohltuend bunte Vielfalt.

Das Hören

Das Geräusch beim Knacken einer Walnuss mit dem Nussknacker, das Plopp beim Öffnen einer neuen Saftflasche. Auch wenn es nicht unbedingt offensichtlich ist, auch unser Hörsinn trägt einen wichtigen Teil zum Essenserlebnis bei.
Tipp: Denken Sie an Ihren Hörsinn, wenn Sie in den nächsten knackigen Apfel beißen und versuchen Sie die unterschiedlichen Geräusche ab dem ersten Biss bewusst wahrzunehmen.

Das Riechen

Jeder kennt das Schnupfendilemma – mit einer verschnupften Nase ist auch der Geschmackssinn unweigerlich beeinträchtigt. Das liegt unter anderem daran, dass beim Kauen einer Speise die Aromastoffe der einzelnen Komponenten in der Mundhöhle freigesetzt werden und von dort über den Rachenraum an die Riechschleimhaut gelangen, die sich in der oberen Nasenhöhle befindet. Bei einem Schnupfen können wir diese Aromastoffe oft nicht wahrnehmen (riechen). Doch schon bevor wir ein Lebensmittel überhaupt konsumieren, lässt uns der Geruchssinn bereits das Wasser im Mund zusammenlaufen – im wahrsten Sinn des Wortes, denn eine Aufgabe des Geruchssinns ist es, den Speichel- und Magensaftfluss zu aktivieren, um unsere Verdauung rasch in Gang zu bringen.
Tipp: Gerade in der Weihnachtszeit wird unsere Nase mit den verschiedensten Gerüchen wie Zimt, Lebkuchen oder Tannennadeln verwöhnt, die in uns auch schöne Erinnerungen an die Kindheit auslösen. Gehen Sie kurz in sich und denken Sie nach – welche Gerüche haben Sie heute schon wahrgenommen und welche Erinnerungen verbinden Sie damit?

Das Schmecken

Mithilfe unserer Zunge können wir fünf Geschmacksqualitäten unterscheiden: süß, sauer, salzig, bitter und umami (sämig und wohlschmeckend). Evolutionsbiologisch bevorzugen wir süßen Geschmack, weil Süßes gleichzusetzen ist mit „genießbar und gar nicht gefährlich“.
Tipp: Nehmen Sie sich heute bewusst bei einer Ihrer Mahlzeiten Zeit und „schmecken“ Sie genau hin. Welche Geschmacksqualitäten können Sie wahrnehmen? Wie verändert sich die Speise in ihrer Aromenentfaltung, wenn Sie einen Bissen besonders lange kauen?

Das Tasten

Unser Tastsinn lässt uns die Beschaffenheit eines Lebensmittels wie auch den Wärmegrad spüren. Beim Essen sind dabei nicht nur unsere Hände beteiligt, sondern auch Zunge und Mundschleimhaut, die dazu beitragen, dass unterschiedliche Konsistenzen erkannt werden.
Tipp: Fingerfood – machen Sie es wie Kinder, probieren Sie, die nächste Hühnerkeule oder Pizza mit den Händen zu essen. Was fühlen Ihre Finger, was spürt Ihre Zunge?

Genussinseln als Genusstraining

Genussvoll zu essen bedeutet auch, sich Zeit zu nehmen und langsam zu essen. Das wirkt sich wiederum positiv auf das Körpergewicht aus. Denn je schneller wir essen, umso mehr essen wir meist, bis der Körper ein Sättigungsgefühl wahrnimmt. Schaffen Sie sich gerade jetzt in dieser hektischen Zeit täglich „Genussinseln“, die möglichst viele Sinne ansprechen, um die eigene Genussfähigkeit zu trainieren: Kerzenschein, eine weihnachtliche Duftlampe, warmer Tee oder stimmungsvolle Musik, die gerade in der kalten Winterzeit viel Wärme, Licht und Energie bringen. So kann in der schönen, aber oft auch stressvollen Adventzeit aus einem „Weniger“ ganz leicht ein „Mehr“ werden.

(Erschienen im GENUSS.Magazin 08/2020.)

Mag. Julia Schätzer arbeitet als Ernährungs- und Gesundheitspsychologin für das vorsorge­medizinische Institut SIPCAN. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Entwicklung von ernährungsbezogenen Unterrichtsprogrammen für Kinder und Jugendliche sowie der Kommunikation von Gesundheitsthemen mit Schwerpunkt Zucker und Genuss.

Eine Kooperation mit www.sipcan.at. Initiative für gesundes Leben.