Schutzheilige des Weines - Geschichtliches vom Wein von Klaus Postmann

Ein Artikel von Klaus Postmann | 31.10.2009 - 00:00
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Spätgotische Darstellung des heiligenUrban mit Buch und Weintraube aus demStadtmuseum Krems. © Klaus Postmann

In alten Zeiten stand alles, was den Mensch und seinen Lebensraumbetraf, unter dem Segen Gottes. Einfache Gläubige schreckten jedochoft vor der Majestät von Gott, dem allmächtigen Schöpfer, zurück undsuchten bei jenen Schutz und Hilfe, die aus ihren Reihen kamen undvor Gott durch ein beispielhaftes Leben ihr Heil gefunden hatten. Sowurden diese Heiligen oft zu Fürsprechern vor Gott. In der AntikegaltenSchutzherren oder einflussreiche und fürsorgliche Männer alsPatrone,im 4. Jh. übertrug man dieses Verständnis auf die Märtyrer,später auf alle Heiligen.

Auch heilige Frauen konnten und könnenPatroninnen einer Kirche sein. Welchen Namen ein Heiliger bekam, lagoft an der Nähe zum Wirkungsort des Heiligen.Von den heute bekannten Weinheiligen haben nicht alle einen unmittelbarenBezug zu Wein, wurde doch vielen das Patronat aufgrund vonLostagen im bäuerlichen Jahreskreis zugesprochen. Lostage sind feststehendeTage im Kalender, die nach altem Volksglauben Vorhersagenüber die Wetterverhältnisse der folgenden Wochen und Monate ermöglichten,den günstigsten Zeitpunkt landwirtschaftlicher Tätigkeitenbestimmten oder Prognosen über die Ernte erlaubten. So gilt nochheute der 25. Mai als Gedenktag für den heiligen Urban: "Hat Urbanstagschön Sonnenschein, verspricht er viel und guten Wein." Die bekanntesteSchutzherrin des Weines ist die Gottesmutter selbst. Nichtnur, weil sie ihren Sohn zum Weinwunder von Kana bewogen hatte,sondern da ja aus ihr der wahre Weinstock erwachsen war. Oft wurdesie selbst als der Rebstock bezeichnet und Christus als dessen Frucht.Neben der Mutter Gottes traten auch Aposteln wie Petrus, Matthäusoder Bartholomäus als Schutzherren über die Weinberge auf undübernahmen ein Wetterpatronat. So war der Festtag des ApostelsMatthäus bei den Germanen eine Wetterwende, ein Winzerspruch berichtetedazu: "Wenn Matthäus weint statt lacht, er aus dem Wein nurEssig macht." Der Apostel Johannes wird verehrt, weil er unbeschadetvergifteten Wein trinken konnte. Die Tränen der Maria Magdalenabrachten ihr das Patronat für Regen, den die Winzer vor allem imSommer dringend brauchen. Österreichische Winzer rufen gerne denheiligen Vitus an. Sein Fest am 15. Juni war nach dem julianischen Kalenderder Tag der Sonnenwende: "Ist geblüht der Wein auf Sankt Vit, sobringt er schönes Weinjahr mit." Die heilende Wirkung des Rebensafteserkannte der Völkerapostel Paulus: "Trinke nicht nur Wasser, sondernnimm auch etwas Wein, mit Rücksicht auf den Magen und häufigeKrankheiten."

Der bekannteste Weinpatron ist wohl Urban, hinter dem sich eigentlichdrei verschiedene Personen verbergen: Von Papst Urban I. (221-230) stammt die Vorschrift der Messbecher aus Gold oder Silber.Bischof Urban von Langres (um 450) gelang es, sich vor seinen Feindenin einem Weinberg zu verstecken. Der dritte Urban wirkte zu Beginndes 7. Jh. im deutschen Neckarraum und brachte der Bevölkerung denWeinbau bei. Das Urbanibrauchtum ist vielfältig, beliebt ist bis heutedas Aufstellen der Statuen in Weinbergen und Weinkellern.Versagten Heilige als Wetterherren, so zeigte sich das Volk verärgertund ließ seinem Unmut freien Lauf: Statuen der Heiligen wurden mitWasser überschüttet, Figuren der Heiligen warf man "zur Strafe" inden Hausbrunnen. Schon in den Winzersprüchen ist die Drohung derGläubigen deutlich zu vernehmen: "Sankt Urban, lieber Herr, mach dieTrauben schwer. Bist du aber nass, bringt es nichts ins Fass, musst Duselbst ins Nass."

Die Zeugnisse des Alten und Neuen Testamentes über den Genussdes Rebensaftes waren für die Kirche auch immer ein Mandat, gegenMissbräuche von Alkohol einzuschreiten. Wohlgemerkt wird immervon Missbräuchen gesprochen, denn das Trinken alkoholischer Getränkean sich kann keine Sünde sein, denn "alles, was Gott geschaffenhat, ist gut und nichts ist verwerflich".

Interessantes Detail zum Schluss: Die Weinbauern sind mit ihren Heiligenbesser dran als die Bierbrauer, deren Gambrinus angeblich pureErfindung ist: Einen Heiligen mit diesem Namen hat es nie gegeben -und das ist schon ein Kunststück, da man im Heiligenverzeichnis sonstkaum nach einem Namen vergeblich sucht.


Klaus Postmann ist Weinakademiker, freier Weinautor, promovierterWeinhistoriker und genießt in Wien, klaus.postmann@poetas.at