Winzerpaare in Österreich

Ein Artikel von Irina Weingartner | 09.10.2015 - 13:20

Jede Winzerin und jeder Winzer schreibt mit der eigenen Familienhistorie, dem Werdegang und den eigenen Weinen eindrucksvolle Geschichten. Finden zwei Menschen, die sich dem Wein verschrieben haben, dann noch als Paar zusammen – oftmals auch aus bereits bekannten Winzerfamilienstammend –, verdoppelt sich die Leidenschaft für den Wein. Ihr gebündeltes Know-how und ihre schier unendlich wirkende Schaffenskraft bringen hervorragende Weine und außergewöhnliche Geschichten hervor, die ganz einfach Freude und Genuss bereiten.

Silke Mayr & Walter Buchegger, Droß

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Walter Buchegger aus dem östlichen Kremstal trifft auf Silke Mayr aus dem nördlichen Kremstal. © Mayr Buchegger

„Guten Wein zu machen“, sagt Walter Buchegger, „hat viel mit Lebenskunst zu tun: Man muss Traditionalist sein und gleichzeitig Neuem offen gegenüberstehen.“ So kam es auch, dass die beiden Weingüter von Silke Mayr und Walter Buchegger auf der einen Seite weiterhin getrennt bestehen, auf der anderen Seite aber gemeinsam geführt werden. „Wir sehen uns mittlerweile als EIN Weingut mit 2 verschiedenen Marken. Die beiden Weingüter getrennt weiterhin aufrechtzuerhalten, war und ist eine gute Entscheidung. Jeder von uns hat einen gut positionierten Namen mit vielen Fans und treuen Kunden und da wollten wir auch in Zukunft unsere Kunden nicht enttäuschen“, schildert Silke Mayr. 2006 übersiedelte Walter Buchegger schließlich von Gedersdorf nach Droß, wo sie sich einen gemeinsamen Keller bauten und dort die Trauben sowohl vom „Gedersdorfer“ Weingut als auch vom „Droßer“ vinifizieren. 2008 bezogen die beiden das angrenzende Wohnhaus.

Das Weingut Vorspannhof Mayr befindet sich in einem über 500 Jahre alten Gutshof in Droß bei Krems und seit 1898 im Besitz der Familie Mayr. Silkes Eltern führten gemeinsam ein Wirtshaus und 12 ha Weingärten. Nach der Tourismusschule Krems und anschließendem Kolleg ging Silke für ein Praktikum ins Piemont, ehe sie im elterlichen Betrieb einstieg.

Walter Bucheggers
Ausbildung verlief ähnlich. Er arbeitete nach der Weinbauschule in Krems zwei Jahre im Weingut Bründlmayer in Langenlois, ehe er 1990 das Weingut seiner Eltern übernahm und namhafte Lagen am Gedersdorfer Berg dazukaufte und pachtete. Kennengelernt haben sich die beiden während eines Seminars in der Weinbauschule Krems. Als sie einige Zeit später mit Freunden zur „Vinitaly“ nach Verona fuhren, nahm die Geschichte ihren Lauf. „Zuhause angekommen, waren wir dann nach wenigen Wochen ein Paar“, erzählt Silke Mayr. Ihr 2013 geborener Sohn Simon und die im vergangenen August geborene Tochter Valerie vervollständigen das kleine Großfamilienglück. Konkurrenz gibt es bei den beiden nicht, Zusammenhalten lautet die Devise. „Es ist immer gut, wenn man durch verschiedene Meinungen auch zum Diskutieren und Verändern angeregt wird – das ist auch ein großes Potenzial! Ich sehe das als Chance zur Weiterentwicklung. Das Ziel muss aber in der gleichen Richtung liegen – und das ist bei uns so“, freut sich Silke Mayr.

Anna & Martin Arndorfer, Straß

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Martin und Anna Arndorfer mit einem ihrer Charakterweine: Grüner Veltliner "Die Leidenschaft". © Arndorfer

„Wir sehen es mehr als Vorteil, dass wir beide Kinder einer Weinbaufamilie sind, da wir auf dem Land aufgewachsen sind und somit eine enge Verbundenheit zum Weingarten und zur Natur haben. Dies ist letztendlich das wertvollste Kapital, mit dem wir als Winzer arbeiten dürfen“, so Anna Arndorfer, geborene Steininger. Ja genau, der Steininger aus dem Kamptal! Gemeinsam mit ihrem Mann Martin bewirtschaftet Anna den 16 ha großen Betrieb der Familie Arndorfer in Straß im Straßertale.
„Martins Eltern haben mit viel Liebe zur Natur und Engagement im Betrieb ein Weingut aufgebaut, das uns als nächste Generation ein unbeschreiblich gutes Fundament bietet, um die Familientradition weiterzuführen“, erzählt Anna, „meine Eltern haben uns immer Freiraum gelassen und uns stets unterstützt, sei es privat oder betrieblich.“

Kennengelernt haben sich die beiden während der „Tour de Vin“ in Langenlois. Eigentlich war beider Weg ganz klassisch – aufgewachsen in Weinbaubetrieben, Ausbildung, Praktika, Hochzeit und Kinder. Dem Wein zugetan waren sie als Winzerkinder natürlich schon als Jugendliche. Klassisch, aber doch auch individuell, so wie ihre Weine. Warum ihre Weine aber doch nicht so klassisch, sondern mehr individuell sind, liegt daran, dass Anna und Martin zur richtigen Zeit Menschen kennengelernt haben, die ihnen zeigten, wie vielschichtig das Leben und die Weinwelt sein können. „Genau diese Vielschichtigkeit und auch Komplexität wollen wir mit unseren Weinen wiedergeben.“ So produzieren sie ihre Weine in vier verschiedenen Kategorien: „Vorgeschmack“, „Strasser Weinberge“, „Die Leidenschaft“ und „Besonderheiten“.

Seit der Hochzeit 2009 leiten Martin und Anna das Weingut gemeinsam. Ihre beiden Töchter komplettieren das Familienglück. „Für uns sind unsere Kinder einer der wertvollsten Reichtümer. Mit Kindern ändert sich das Leben ein wenig, oder besser gesagt ein wenig viel. Es ist eine unglaubliche Bereicherung im Leben und wunderschön mitzuerleben, wie besonders das Wunder Mensch ist”, so die Winzerin stolz.

Adriana González & Martin Lichtenberger, Breitenbrunn

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Von Kalifornien an den Neusiedlersee: Adriana González und Martin Lichtenberger lernten sich bei ihren Praktika kennen und arbeiten jetzt im idyllischenNaturparadies in Breitenbrunn. © Lichtenberger Gonzalez

„Jung, ehrlich, unverbraucht, dynamisch“ steht auf ihrer Homepage, und damit sind bestimmt nicht nur die Weine oder nur das Winzerpaar gemeint, sondern alles zusammen. Ihrer beider Vita liest sich wie ein rasantes Roadmovie. 2007 lernten sich Adriana und Martin während ihrer Praktika in Kalifornien kennen. Gemeinsam durchlebten sie eine aufregende Zeit, in der sie durch zahlreiche Besuche bei Weingütern nicht nur die amerikanischen Weine besser kennengelernt hatten. „Beim emotionalen Abschied am Flughafen San Francisco war klar, dass wir uns wiedersehen werden“, erzählt Martin.

Adriana reiste von Kalifornien direkt nach Neuseeland weiter, um bei Yealand Estates in Marlborough zu arbeiten. Nach kurzer Zeit und endlosen Telefonaten fassten beide den Entschluss, für Adriana eine Praktikumsstelle im Burgenland zu suchen. „Mit Birgit Braunstein fanden wir den perfekten Betrieb und Adriana ist im Weingut nun die Kellermeisterin“, schildert Martin stolz.

Im gleichen Jahr begann Martin bei Gernot Heinrich zu arbeiten. „Neben unserer Festanstellung ist aber von Beginn an schon immer das Verlangen gewachsen, unseren eigenen Wein zu vinifizieren. Wir wollten unsere eigene Philosophie entwickeln und kompromisslos unsere Weine produzieren, so wie wir das für richtig empfinden.“ Mit den Weingärten von Martins Familie in Breitenbrunn hatten sie die optimalen Voraussetzungen für ihr eigenes Projekt. 2009 begann das Winzerpaar, die 4 ha Weingärten, 2015 sind es bereits 5 ha, die zwischen 30 und 50 Jahre alt sind und auf Muschelkalk und Schieferböden stehen, nach ihren Vorstellungen zu bewirtschaften. Bei so viel Arbeit stellt sich natürlich die Frage, wie viel Freizeit da noch für die beiden bleibt. „Freizeit bedeutet für uns das eigene Projekt ‚Lichtenberger González‘. Wein ist unsere Passion und somit investieren wir fast unsere komplette Freizeit darin!“ Man darf also gespannt sein, was diese beiden noch so alles von sich hören lassen werden.

Elisabeth Pichler & Erich Krutzler, Wachau und Südburgenland

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Die Weine von Elisabeth und Erich Pichler-Krutzler sind pur, unverfälscht und kompromisslos. © Rössle

Zwei große Namen sind es und zwei starke Persönlichkeiten, die hier zusammengefunden haben. Seit 2006 führen Elisabeth Pichler und Erich Krutzler unter dem Label „Pichler-Krutzler“ ihr gemeinsames Weingut in der Wachau, produzieren charaktervolle Weine und haben mit ihrer wachsenden Familie bereits eine spannende Geschichte geschrieben. Obwohl sie sich seit Anfang der 1990er Jahre kennen, dauert es noch eine ganze Weile bis zur Hochzeit 2005. Ihr beider beruflicher Werdegang liest sich äußerst aufregend.

Neben dem Studium baute Elisabeth als Exportverantwortliche im elterlichen Weingut F. X. Pichler den Markt in fast 30 Ländern auf und jobbte bei der ÖWM und Richards Walford, einem traditionellen Burgund- und Bordeaux-Händler in England. Erich zog es ebenfalls nach Wien und bis 2001 engagierte er sich neben dem Studium an der Boku im elterlichen Betrieb. Anschließend ging er für neun Jahre nach Slowenien zu Dveri-Pax und Marof. 2007 gab es den ersten Jahrgang an Weißweinen aus der Wachau – vorerst nur mit Traubenzukauf für ca. 10.000 Flaschen, wobei beide noch zusätzlich anderweitig beschäftigt waren. „Es war eine sehr intensive, turbulente und anstrengende Zeit mit gemeinsam über 100.000 gefahrenen Kilometern im Jahr“, schildert die Winzerin. Heute werden Trauben aus gut 10 ha verarbeitet und zwischen 60.000 und 70.000 Flachen jährlich produziert. Der Erfolg kann sich sehen lassen, denn seit dem vergangenen Jahr (2014) hat das dynamische Winzerpaar 17 verschiedene Weine im Programm und exportiert 70 % der Weine in mehr als 20 verschiedene Länder. Für beide gilt: „Alles, was wir über Wein wissen, war ‚Learning by Doing‘ im elterlichen Betrieb, durch Auslandsaufenthalte und durch das Leben mit Wein – das ist für uns sehr wichtig, denn sonst würden unsere Weine ganz bestimmt anders sein, als sie sind.“

Elisabeth und Erich wussten von Anfang an, was sie wollten: ein feines, kleines Weingut, das sie selbstbestimmt führen. Und sie haben sich diesen Traum erfüllt. „Wir haben den schönsten Beruf der Welt und dafür sind wir dankbar“, erzählen sie stolz. Neben der vielen Arbeit und dem Familienleben – sie sind stolze Eltern von zwei Kindern – nehmen sich die beiden immer wieder ein paar Tage frei oder verbinden Auslandaufenthalte mit privaten Vorhaben. Manchmal allein, manchmal mit den Kindern, einmal länger im Winter, einmal länger im Sommer, denn das Leben der Winzerfamilie folgt natürlich dem Rhythmus des Weines.

Stefanie & Alwin Jurtschitsch, Langenlois

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Deutsch-österreichische Beziehung: Stefanie und Alwin Jurtschitsch in ihren Terrassenweingärtenrund um Langenlois. © Jurtschitsch

Es ist ein deutsch-österreichisches Winzerpaar, das in der Weingeschichte bereits ein großes Kapitel einnimmt. Stefanie Hasselbach und Alwin Jurtschitsch haben sich am Familienweingut von Alwin Jurtschitsch im Kamptal während eines Praktikums kennengelernt. Zu verdanken haben sie das ihren Vätern, die vor mehr als vierzig Jahren gemeinsam in Geisenheim Weinbau studierten.

Die beiden waren von Anfang an ein gutes Team. Sie liebte seine Weinreiseberichte, er genoss es, dass er in ihr eine Seelenverwandte fand, die sich für seine vinophilen Innovationen begeisterte. „Alwin sprang bis zum Bauchnabel in die Rotweinmaische. Ich kannte das von zu Hause nicht und als ich ihn fragte, was er da eigentlich macht, erklärte er mir, dass man nur so die Temperaturunterschiede der Maische fühlen kann. Der Typ ist einfach cool und passt so überhaupt nicht in das Winzer-Klischee“, erzählt Stefanie von damals.

Alwin ging wieder auf Reisen, Stefanie zurück aufs elterliche Weingut, später entschlossen sich beide für das Weinbaustudium in Geisenheim und verbrachten viel Zeit gemeinsam, in der sie sich durch die spannendsten deutschen und französischen Weinkeller kosteten. „Für beide begann dann der Einstieg in die elterlichen Weingüter mit 700 Kilometern Distanz zwischen uns. Das war hart, aber ich wusste immer, dass unsere Zukunft eine gemeinsame ist. Wie und wo diese liegen würde, war mir anfangs nicht klar“, schildert Alwin die Anfänge. Doch wie es das Schicksal so will, entschied sich Stefanies Bruder dafür, das elterliche Weingut in Rheinhessen zu übernehmen, und Stefanie, nach Langenlois zu gehen. „Ich denke, es war die härteste Entscheidung in meinem Leben, bisher aber auch die beste“, so die Winzerin. Mit dem Einstieg von Stefanie zur Ernte 2009 ging es dann so richtig los, erzählt Alwin.

„Die Dynamik, die man als Team hat, wenn man am gleichen Strang zieht, ist nicht vorstellbar. Schritt für Schritt übernahmen wir mehr Verantwortung.“ Heute leiten Stefanie und Alwin das traditionsreiche Weingut Jurtschitsch biologisch, dynamisch und äußerst erfolgreich. Auf die Frage nach der gemeinsamen Freizeit erzählen beide voller Freude und Stolz: „In der Zwischenzeit ist unsere Tochter da, die auch unsere volle Aufmerksamkeit bekommt. Prinzipiell versuchen wir, für eine ‚gemeinsame Zeit‘ zu arbeiten. Denn nur wenn es uns gut geht und wir zufrieden sind, können wir guten Wein machen.“