Der legendäre Barolo-Jahrgang 2001

Ein Artikel von Alexander Magrutsch | 01.12.2016 - 00:56
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© Kurz

Uns interessierte das grandiose Jahr 2001. In diesem Jahr wurden Barolos gekeltert, die legendär sind. In allen Jahrgangsbewertungen wird 2001 mit den höchsten Punkten bewertet. Und jetzt stehen diese Barolos am Beginn ihrer Blüte! Um dieses (Wahnsinns-)Projekt zu realisieren, haben wir weit mehr als die ursprünglich geplanten sechs Dutzend Barolos zusammengetragen. Insgesamt wurden schlussendlich 90 (!) Barolos von 2001 an fünf Abenden verkostet.“ So kann nur einer schwärmen, der innig mit den Weinen des Piemont verbunden ist. Der Wiener Weinhändler und Piemont-Spezialist Peter Roggehofer (www.barolista.at) machte sich auf die Suche nach Barolos aus diesem legendären Jahr und wurde fündig.

Den Kern der Verkostung von 90 Barolos 2001 bildete eine perfekt gelagerte Privat-Kollektion, die durch Bestände der Enoteca Barolista ergänzt worden ist. Fast alles, was Rang und Namen im Barolo besitzt, konnte schlussendlich in der Enoteca Barolista verkostet werden. Bekannte Namen wie Giacosa, Rinaldi, Conterno, Mascarello, Cavallotto, Sandrone, Grasso, Oddero, Massolino, Pira, Vietti, Cordero di Montezemolo, Prunotto, Vajra, Ascheri, Clerico, Voerzio, Colla, Parusso, Castello di Verduno und viele andere ließen schon bei der Vorankündigung zu diesem Verkostungsreigen die Herzen der Barolo-Liebhaber höher schlagen.

Warum 2001?

Peter Roggenhofer produzierte zu jedem Verkostungsabend eine kleines Büchlein mit der Auflistung der Weine und einer kurzen Einleitung. In seinem Vorwort schrieb er unter anderem: „Mit dem Jahrgang 1996 begann eine Reihe sehr guter bis hervorragender Weinjahre im Barolo-Gebiet. Mutter Natur meinte es mit den piemontesischen Winzern sehr gut. Die Weine konnten alle Jahre – bis zum krönenden Abschluss mit dem Jahrgang 2001 – in exzellenter Qualität in Flaschen gefüllt werden. Auch die alten Winzer können sich nicht an so viele gute Jahrgänge in Folge erinnern. Mit dieser Serie festigte der Barolo auch seine prominente Stellung in der internationalen Weinwelt neben Bordeaux und Burgund.“

Neben dem Wissen, Feingefühl und der Erfahrung der Winzer ist die Witterung der entscheidende Faktor für einen gelungenen Jahrgang. Tatsächlich war 2001 auch in dieser Hinsicht außergewöhnlich, wie man das auch vom Konsortium für die Weine von Barolo, Barbaresco und der Langhe oder von den Winzern selbst bestätigt bekommt. Die gute Durchfeuchtung des Bodens vom Winter an und höhere Durchschnittstemperaturen ab März haben einen verfrühten Austrieb der Reben begünstigt. Die Blüte erfolgte unter ausgezeichneten Bedingungen und begann für den Nebbiolo in der letzten Mai-Woche. In den folgenden Monaten gab es keine erheblichen Niederschläge, die Wasservorräte ermöglichten ein reguläres Wachstum der Reben und einen normalen Verlauf der phänologischen Entwicklung. Im September änderten sich die Witterungsbedingungen und das Gebiet wurde von einem Temperaturrückgang und einigen Regenfällen betroffen, die vorübergehend die Reifung verlangsamten. Das Wechselspiel von warmen Herbsttagen und kühlen Nächten war bis zur Ernte ein Garant zur Entwicklung einer feinen Aromatik und reifer Tannine und drückt sich in vielen Weinen durch betörende Eleganz und Lebendigkeit aus – und das merkt man auch noch 15 Jahre nach der Ernte. Matteo Ascheri meint dazu, dass alles im Gleichgewicht war und man vor allem die Eleganz in den Weinen schmeckt. Er erzählt auch, dass unter den alten Winzern der Jahrgang 2001 als einer der besten gilt. Das ist von Außenstehenden nicht immer und gleich so wahrgenommen worden, weil die üppigen und weichen Weine von 2000 von vielen Händlern und Journalisten bejubelt worden sind und 2001 dadurch ein Schattendasein fristete. Ein perfekter Jahrgang also, dessen Weine es weiterhin in den Weinkellern der Barolo-Liebhaber und Barolo-Sammler zu hüten gilt.

Höhepunkt & Stil

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© Magrutsch

Die Frage aller Fragen, ob sich die Barolos von 2001 jetzt schon am Höhepunkt befinden würden, beantwortete nicht nur diese Verkostung, sondern auch einige Winzer, die ich dazu befragt habe. Der Tenor, was die weitere positive Entwicklung und Haltbarkeit betrifft, war generell positiv. Ich sehe die Frucht und Jugendlichkeit vieler Weine, wenn sie unter perfekten Bedingungen bei konstant niedrigen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit gelagert werden, noch gegeben. Aromatisch scheinen sie in ihrer jugendlichen Vollblüte zu stehen, einige wenige Weine kokettieren schon mit tertiären Reifearomen, andere wirken fast noch unentwickelt und unverschämt jung.

Alfio Cavallotto war noch vor etwas über einem Jahr unschlüssig, wohin die Reise mit den Weinen von 2001 gehen soll und meinte: „Wir wissen noch nicht genau, in welche Richtung er sich entwickeln wird.“ Matteo Ascheri meint, dass sich die 2001er jetzt ihrem Höhepunkt nähern würden. Und Isabella Oddero von den Poderi e Cantine Oddero ist der Ansicht, dass die Weine erst beginnen würden, ihre Eleganz auszuspielen und sich der perfekten Balance annähern: „Wir nennen das einen ‚klassischen‘ Jahrgang, in dem sich der Nebbiolo mit wunderbarem Sortenausdruck präsentiert“, und betont, dass die Weine „für die längere Haltbarkeit prädestiniert sind. “Noch spannender war für mich einerseits die Frage, ob man die ungefähre Orts- oder Lagenherkunft der Weine unterscheiden kann (Antwort: Großteils ja.) und andererseits folgende, wie sich der Ausbau der im Barrique gelagerten Weine ausgewirkt hat. Wie viel Holz ist spürbar, wie viel vom Nebiolo erkennbar? Die Notizen bei den einzelnen Weinen geben Aufschluss. Jedenfalls war der Jahrgang 2001 für mich auch das Jahr eins nach dem großen Barrique-Hype bei den Barolos, der mit den alkoholreichen und kaum elegant zu nennenden Weinen der Jahrgänge 1997 und 2000 den absoluten Höhepunkt erreicht hat und bei 2003 noch einmal kurz aufgeblitzt ist.

Jahrgänge nach 2001

Wenn der Jahrgang 2001 als Jahr für klassische, typische, kernige, elegante und langlebige Weine mit harmonischem Tannin bei den Winzern und Liebhabern des Barolos gefeiert worden ist, stellt sich die Frage: Was kam danach? Gab es danach wieder solch ausgezeichnete Jahre oder war’s das? Keine Angst, es gibt sie, die feinen Weine von sehr guten Jahren, die gerade die traditionelleren Winzer und Liebhaber von Barolo, der im großen Fass ausgebaut wird, erfreuen. Etwa 2004, 2006, oder 2010. Charmant, mit attraktiver Frucht und schon zugänglicher zeigt sich der Jahrgang 2008, vielversprechend waren auch erste Proben von 2013 (Die Barbaresco sind sehr fein!), die frühestens 2017 auf den Markt kommen werden.

Herkünfte

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© beigestellt

Das, was bei Barolo in der Jugend schon recht gut ausgeprägt ist, kommt mit etwas Flaschenreife noch besser zu Geltung: die Herkunft. Bei der Zusammenstellung der Verkostungen konnte ich aktiv mitwirken und mit Peter Roggenhofer die Weine nach der Orts-Herkunft vorsortieren. In einer zweiten Stufe wurden die Weine nach Einzellagen innerhalb der Orte gebündelt, denn von manchen Lagen gab es Weine von zwei oder mehr Weingütern. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Orten oder Lagen waren gut zu erkennen. So konnten sich beispielsweise die zarten, samtigen und eleganten Barolos aus Verduno deutlich von den kernigen und robusten Vertretern von Serralunga unterscheiden, diese hatten es wiederum nicht so leicht gegen die ausgewogenen und tiefgründigen Barolos aus Castiglione Falletto oder die kraftvollen Vertreter aus Monforte. Noch ein Wort zu den Bezeichnungen: Manche Barolos von damals werden wegen der Lagendefinition und der Bezeichnungsvorschriften, die in der Zwischenzeit eingeführt worden sind, nicht mehr gleich benannt wie noch 2001 (z. B.: Ascheri Vigna dei Pola heißt jetzt Pisapola). Manche Weingüter existieren schlichtweg nicht mehr oder sind verkauft worden wie Vietti oder Gigi Rosso oder der Besitz innerhalb der Familie wurde aufgeteilt (Fratelli Oddero wurde zu Luigi Oddero und Poderi e Cantine Oddero).

Im Vergleich noch leistbar

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© beigestellt

Wine-Searcher, auf das Piemont spezialisierte Weinhändler in Europa und den USA oder ab und zu eine Versteigerung – leistbarer Barolo von 2001 ist wegen der geringen Produktionszahlen einzelner Weine selten, aber doch auffindbar. Die Abwertung des britischen Pfunds lässt die Preise von britischen Händlern derzeit etwas attraktiver erscheinen als noch vor dem Brexit-Votum. Generell gilt auch hier: Je legendärer ein Wein und je geringer davon die Zahl der abgefüllten Flaschen ist, desto höher sind die Begehrlichkeiten. Barolo ist teuer, im Vergleich mit den besten Burgundern und den bekanntesten Bordeaux sind die besten Barolos als günstig zu bezeichnen.

Der mit Abstand teuerste Barolo der Verkostung war von Giacosa der Le Rocche di Castiglione Falletto, der aktuell um rund € 350,– gehandelt wird. Knapp doppelt soviel müsste man für den Barolo-Kultwein Monfortino von Giacomo Conterno zahlen, der bei unserer Verkostung leider nicht dabei war. Rund € 230,– sind es immerhin noch für den Cascina Francia von Giacomo Conterno oder Cannubi San Lorenzo - Ravera von Giuseppe Rinaldi. Für ein Investment von knapp € 200,– gibt es den 2001er Barolo von Bartolo Mascarello, so man überhaupt einen findet, Gleiches gilt für den Monprivato von Giuseppe Mascarello. Für bekannte Weine wie die Riserva Bricco Boschis Vigna San Giuseppe von Cavallotto sind es immerhin noch um die € 145,–. Bei vielen der verkosteten Weine – sofern sie überhaupt zu finden sind – liegt das Preisband bei € 50,– bis € 150,–, je nachdem, wie bekannt und wie gut das Weingut in Europa oder den USA im Vertrieb vertreten ist.