Jungwinzer am Vormarsch Teil 5

Ein Artikel von Irina Weingartner | 31.01.2017 - 16:21
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© Steiermark Tourismus

Der fünfte Teil der Serie über die junge Winzer-Elite in Österreich führt uns in zwei spannende Gebiete der Steiermark: ins Vulkanland Steiermark und in die Weststeiermark. Die junge Winzer-Generation pflegt einen respektvollen Umgang mit der Natur, genießt eine erstklassige Ausbildung und hat ein feinsinniges Gespür im Umgang mit dem Wein – alles in allem beste Voraussetzungen für die zukünftige Winzer-Elite.

VULKANLAND STEIERMARK

Lebe deine Vision

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Für Winzer Simon Engel ist das Winzersein sein Leben. © Engel

Die Geschichte des Weinguts Engel in Tieschen beginnt im Jahr 2006, als die Familie die ersten Weingärten am Klöchberg pachtete. Zuvor wurde der Familienbetrieb über Generationen als gemischte Landwirtschaft mit Weinbau im Ausmaß von 0,2 Hektar geführt. Jungwinzer Simon Engel, der seit Anbeginn mit dabei ist, kann man durchaus als Quereinsteiger bezeichnen, beschreibt er sich selbst doch als in seiner Jugend sehr umtriebig. Um sich über seine berufliche Zukunft bewusst zu werden, ging Simon nach der Schule über die Wintermonate nach Australien und machte dort ein Walkabout. Er kaufte sich in Down Under ein Auto und fuhr einfach drauf los, bis er in Südaustralien auf den Weinbau stieß, davon sehr angetan war und so seine Bestimmung gefunden hat. Anschließend absolvierte Simon den Weinmanagement- Lehrgang in Krems, den Weinbaufacharbeiter, den Weinbau- und Kellermeister sowie ein Praktikum bei Leo Gollmann und bringt ab da jungen Geist und Visionen in das noch relativ junge Weingut. Seinen Vater bezeichnet Simon liebevoll als Freigeist, sonst wäre ihr gemeinsames Weinprojekt wahrscheinlich gar nicht möglich gewesen. Es entsteht unweigerlich der Eindruck, dass der Sohn viel von Vaters Freigeist mitbekommen hat, schließlich lautet Simons Philosophie: „Lebe deine Visionen!“ Die kurze Geschichte des Weinguts Engel ist sehr schön zu erzählen, resümiert Simon. „Es waren am Anfang sehr intensive, arbeitsreiche Zeiten, die die Familie und auch mich selbst sehr gefordert haben. Ein wenig jugendlicher Leichtsinn war anfangs sicher auch mit im Spiel. Ich möchte jedoch keinen Moment dieser letzten zehn Jahre missen. Das Winzersein ist mein Leben“, so der sympathische Jungwinzer. Auf die Frage nach seinem Lieblingswein erzählt Simon von seinem „Liebkind“ im Sortiment, dem Riesling. Für die Steiermark zwar nicht ganz typisch, doch die alten Rebstöcke gedeihen auf den vulkanischen Verwitterungsböden mit Basalt am Klöchberg ausgezeichnet. In mehreren Erntedurchgängen gelesen, werden die hochreifen aromatischen Trauben dann separat zum Riesling Selektion vom Klöchberg ausgebaut und teilweise spontan im Tonei vergoren, der Rest im Stahltank.
Tipp: Unbedingt probieren! 

Freestyle Wine Growing

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Das Gesamtkonzept ist für Gottfried Lamprecht das Wichtigste. Das muss stimmen. © Herrenhof

Gottfried Lamprecht zählt wohl zu den wahrscheinlich innovativsten Quereinsteigern unter den Jungwinzern. Der Herrenhof in Markt Hartmannsdorf ist ein alter ehemaliger Gutshof des Stiftes von Vorau. Bereits damals war die große Lage vor dem Hof, der Buchertberg, mit Weingärten bepflanzt. Nach der Bauernbefreiung 1848 wurden die Weingärten aufgrund mehrerer Besitzerwechsel nicht mehr bewirtschaftet. Im Jahr 2006 begann Gottfried, diese alte hochwertige Lage wieder mit Rebstöcken zu bepflanzen. Bis heute hat er sieben Hektar dieser erstklassigen Lage rekultivieren können. Zu Beginn seiner Ausbildung zog es ihn Richtung IT-Branche, erzählt Gottfried, aber die Wurzeln holten ihn schließlich ein und es war um ihn geschehen: Die Arbeit mit der Natur war es, die ihm am meisten lag und immer noch liegt. Das Interesse am Weinbau wurde aber erst während der HBLA in Klosterneuburg geweckt. Schließlich erfuhr Gottfried auch, dass er auf einem ehemaligen Stiftsweingut aufgewachsen ist. Es war somit alles Notwendige vorhanden: Die Flächen, die Gebäude – es musste nur noch adaptiert werden, schildert er stolz. Dadurch, dass Gottfried der erste Winzer seit Generationen war, entstand der Weinbau am Herrenhof letztlich ganz in seinem Kopf – natürlich ging es nur mit viel Beharrlichkeit und Durchsetzungskraft.
Seinen Kopf setzt er auch weiter konsequent durch, wenn es um die Art und Weise des Anbaus geht. So hat er sich ein eigenes Qualitätskonzept auferlegt: die Herrenhof Charta. Dies bedeutet im übertragenen Sinn, selbst auferlegte Satzungen und Selbstverpflichtungen einzuhalten. Diese Charta beinhaltet zehn Punkte, die mehr Transparenz in die Weingartenarbeit und Kelterung bringen, damit der Kunde weiß, wie und wo der Wein vom Herrenhof entsteht. Gottfried Lamprecht nennt seine Arbeitsweise ganz cool Freestyle Wine Growing – was so viel bedeutet, wie biologisch im Sinne der Nachhaltigkeit zu arbeiten – der Rest steht ihm dabei absolut frei. Zusätzlich findet sich auf jeder seiner Flaschen die Qualitätswein-Bescheinigung Appelation Buchertberg Contrôlée (ABC) als Kennzeichen, dass dieses Produkt nur von diesem einzigartigen Ort stammen kann.
Tipp: 2014 Buchertberg Weiß – traditioneller steirischer Gemischter Satz – der Wein der Ahnen und echter Terroir-Wein

WeinGärtner & Weinbegleiter

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Manuel Ploder-Rosenberg lebt und arbeitet mit seiner Familie im Einklang mit der Natur. © Ploder Rosenberg

In St. Peter am Ottersbach liegt das Weingut der Familie Ploder-Rosenberg. Seit 2006 bearbeitet die Familie ihre 12,5 Hektar biodynamisch, seit 2009 sind ihre Weine als Bioweine zertifiziert und seit 2015 ist der Betrieb anerkanntes Demeter-Weingut. Der Umstieg auf Biodynamie bleibt eine Investition in Lebensqualität und Unabhängigkeit, so Jungwinzer Manuel Ploder, der seit fünf Jahren für den Keller hauptverantwortlich ist. Er selbst bezeichnet sich als WeinGärtner und Weinbegleiter und lebt die Philosophie des Familienbetriebes voll und ganz – und nicht nur im Weinbau, sondern in allen Bereichen: Entschleunigung, Leidenschaft, Kompetenz und Beharrlichkeit sind nur einige wenige Wesenszüge, mit denen und durch die die Familie ihre Echtweine herstellt. Der ideologische Zugang der Familie Ploder-Rosenberg zum Weinmachen bestimmt auch über das Ergebnis. Nach dem Motto „Du wirst, was du trinkst!“ wird auf alle synthetischen, systemischen und tiefenwirksamen Fungizide, Insektizide und Herbizide nicht bloß verzichtet, vielmehr wollen sie sie einfach nicht nutzen; das hat wenig mit Verzicht zu tun, da Verzicht für uns dort zutrifft, wo wir etwas wollen, jedoch noch nicht können. Durch diese Sorgsamkeit im Weingarten und die minimalistische Arbeit im Keller schafft sie unbehandelte und unverfälschte Weine, die in drei Linien ausgebaut werden: die Feinen Klassiker trocken, fruchtig und voller Finesse, die Natural Weine mit viel Tiefgang, Mineralität und ausdrucksstarker Komplexität sowie die Archaischen Weine, die maischevergoren, bernsteinfarben und unfiltriert „gewordene Weinwerke“ sind. Für Manuel ist jeder Wein ein eigenes Individuum mit eigenem Charakter und Geschichte. Zu seinen Favoriten zählen daher besonders tiefgründige Weine mit Ecken und Kanten, allen voran Cuvées mit viel Tiefgang und Vielfalt. Genauso tiefgründig und vielfältig wie das Leben selbst, denn „nichts ist beständiger als der Wandel“, schildert Manuel seine Einstellung. Die spannenden Weine gemeinsam mit dem Jungwinzer zu verkosten, seiner Leidenschaft zu lauschen und gleichzeitig über das Leben und den Wein zu philosophieren, ist wahrlich ein Genuss-Erlebnis.
Tipp: 2012 Magnum (WB/GB/CH/SB 50% Maischevergärung)

Innovation als treibende Kraft

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Die Brüder Wolfgang, Thomas und Christof mit ihrem Vater Georg Winkler-Hermaden. © Winkler-Hermaden

Mitten am Kapfensteiner Kogel, einem erloschenen Vulkan, thront das Schloss Kapfenberg, wo sich das Weingut der Familie Winkler- Hermaden sowie ein Hotel mit Restaurant befinden. Die 40 Hektar Weingartenfläche werden nach biologischen Richtlinien in der dritten Generation bewirtschaftet. Zehn Mitglieder der Familie arbeiten in Kapfenstein mit vollem Einsatz. Jungwinzer Christof ist gemeinsam mit seiner Freundin Kathi und seinen Brüdern Thomas und Wolfgang dabei, nach und nach das Weingut der Eltern zu übernehmen. Obwohl Christof bereits mit 13 Jahren wusste, dass er einmal in den Betrieb einsteigen will, hat er nach der HBLA für Wein- und Obstbau Molekulare Mikrobiologie und Pflanzenwissenschaften studiert. Was dazu geführt hat, dass die Forschung im Weingut Einzug gehalten hat – und zwar in Richtung Nachhaltigkeit und für mehr Verständnis in Bezug auf Komplexität, Mineralik und Alterung von Wein. Innovation ist die treibende Kraft im Weingut, erzählt Christof, deshalb versucht die Familie auch, immer mehr und mehr zu verbessern. Neben den 80 Schafen in den Weingärten kam dieses Jahr der Gewürzanbau für Sonnentor dazu, um die Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Fragt man Christof nach seiner Philosophie oder Lebenseinstellung, erzählt er, dass er sein Leben so nachhaltig wie möglich gestalten will. Dabei geht es ihm neben dem Umweltschutz auch um die soziale Nachhaltigkeit. Er möchte seinen Mitarbeitern genauso eine nachhaltige Anstellung bieten und gut mit ihnen auskommen wie auch mit Nachbarn, Kunden und Weinbaukollegen. Auf das gegenseitige Verständnis mit den Menschen und der Umwelt kommt es an!
Tipp: 2015 Grauburgunder Schlosskogel – dieser Wein wurde in zwölf Fässern unter verschiedenen Bedingungen (Trübungsgrad und spontan oder nicht spontan) vergoren, was nochmals zu einer Steigerung der Komplexität geführt hat. Ich finde es spannend, mit solchen simplen Techniken die Komplexität zu erhöhen. 

WESTSTEIERMARK

Leidenschaftlich, qualitätsstrebend &

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Da Michael Strohmeier mit voller Leidenschaft am Werk ist, schöpft er auch viel Motivation daraus. © Strohmeier

So beschreibt sich der sympathische Jungwinzer Michael Strohmeier vom Weingut Peiserhof. Gemeinsam mit seiner Familie bewirtschaftet er acht Hektar Rebfläche in Eibiswald in der südlichen Weststeiermark. Seit 2013 ist Michael hauptverantwortlich für die Weinproduktion, nachdem er die Weinbauschule Silberberg und anschließend den Weinbau- und Kellermeister abgeschlossen hat. Unterstützt wird der Jungwinzer von der Erfahrung des Vaters und der Leidenschaft seiner Verlobten. Seine eigene Leidenschaft für den Weinbau und die Landwirtschaft wurde Michael von klein auf in die Wiege gelegt, erzählt er freudig. Außerdem hält er es für etwas sehr Besonderes, einen Betrieb weiterführen zu dürfen, der von den Eltern und Großeltern aufgebaut wurde. Und so hofft er natürlich, dass auch eines seiner Kinder später einmal in seine Fußstapfen treten wird.
Aktuell arbeiten vier Generationen am Peiserhof. Gegenseitiger Respekt und ein bisschen Zurückstecken sind dabei ganz wichtig, um stets gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Da die ganze Familie aber sehr leidenschaftlich und qualitätsorientiert ist, funktioniert das ganz gut, schildert Michael. Aufgrund vieler Neuerungen im Weingarten wie auch im Weinkeller ist Michael besonders stolz über die Einführung der Lagenweine, die dem Betrieb sicherlich auch im internationalen Bereich ein gutes Image verschafft hat und ebenso bei den Stammkunden sehr gut angekommen ist. Da Michael ein sehr leidenschaftlicher und naturverbundener Mensch ist und riesigen Spaß an seiner Arbeit hat, freut er sich auch, dass er den Weinen seine eigene Handschrift gegeben hat, die sich auch von Jahr zu Jahr wiedererkennen lässt.
Tipp: 2015 Schilcher Sonnleiten

Vielfältig & individuell

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Stephan Hiden hofft, noch viele großartige Jahrgänge keltern zu dürfen. © Hiden

Mitten im Herzen der Schilcher-Region am Hochgrail in der Weststeiermark liegt das Weingut Hiden. Der Familienbetrieb umfasst das Weingut mit einer Anbaufläche von 10 Hektar und einen Buschenschank. Für den 25-jährigen Jungwinzer Stephan Hiden war es eigentlich immer klar, irgendwann in den Betrieb einzusteigen. So richtig auf den Geschmack ist er aber erst während der Ausbildung in der Weinbauschule Silberberg gekommen. Erst da habe er bemerkt, wie schön, vielfältig und individuell dieser Beruf oder diese Leidenschaft eigentlich sind, erzählt er. Nach dem Abschluss 2010 hat er schließlich so richtig begonnen, im Weingut mitzuarbeiten. Von seinen Praxisaufenthalten auf der Südinsel Nelson in Neuseeland und im südafrikanischen Stellenbosch hat er neben viel Wissen und Erfahrung auch gelernt, dass vieles ebenso ohne Stress funktionieren kann. Bei der Arbeit dort waren zahlreiche Kleinigkeiten mitzunehmen, denn Weinmachen wird ja nicht immer neu erfunden, aber es sind die kleinen Dinge, die oft sehr viel ausmachen und sich summieren, resümiert Stephan.
Seit der Jungwinzer mehr und mehr für die Weinbereitung im Keller verantwortlich ist, haben sich die Weinstile stetig verändert. Natürlich weiß er, dass das, was früher gut war, heute nicht schlecht sein kann, dennoch ist sich Stephan bewusst, dass man stets offen für Neues sein muss. So wurde nach und nach investiert, um die verschiedenen Arbeitsvorgänge bei der Traubenverarbeitung und Weinbereitung zu erleichtern und qualitativ zu verbessern. Neue Anlagen wurden ausgepflanzt und es wird bewusst auf den Einsatz von Herbiziden verzichtet. Als nächstes großes Ziel steht der Neubau des Weinkellers auf dem Programm. Da sich Stephan selbst als sehr eifrig, aber auch zielstrebig beschreibt, wenn er sich etwas vornimmt, können wir sicher sein, dass wir noch sehr viel von ihm hören werden.
Tipp: 2014 Terra Sauvignon blanc