Ales, die Biere der Briten

Ein Artikel von Karin Vouk | 02.02.2021 - 10:16

Immer wieder hört man, Ale sei kein Bier. Was ist an dieser Geschichte dran? Wenig, denn natürlich gehören die Ales zu den Bieren. Ihre Heimat ist Großbritannien, aber auch das aktuelle und ehemalige Commonwealth. Was sie von den bei uns als „normal” empfundenen Bieren unterscheidet, ist, dass die obergärig sind.

Besonders bei Klein-, aber auch bei mittelständischen Brauereien sind die Bierstile, die zu den Ales zählen, sehr beliebt. Das liegt daran, dass sie an sich einfacher zu brauen sind als die bei uns sonst üblichen untergärigen Biere. Sie verzeihen auch eher Fehler, da man nicht zu ausgeprägte Fehlaromen „hinter dem Hopfen verstecken“ kann. Ging es anfangs gerade bei den IPAs noch darum, wer das hopfenbetonteste hat, wird heute viel mehr Wert auf Ausgewogenheit und Harmonie gelegt. Die Malz-, Hopfen- und Hefesorten werden mit sehr viel Liebe zum Detail ausgewählt, was man den Bieren nicht nur ansieht, sondern auch schmeckt.

Ale und seine Charakteristik

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So rockt das Bier: Die Plätze eins bis drei der spannenden GENUSS.Aleverkostung. © Christian Kurz

Ales sind so vielseitig, ihre Charakteristik mit wenigen Worten zu beschreiben ist eigentlich kaum möglich. Eine der wesentlichsten Eigenschaften sind ihre Aromen, die von der Hefe kommen. Biere, die mit obergärigen Hefen vergoren wurden, zeichnen sich durch fruchtige Aromen aus, die teils von der Hefe, aber auch von den verwendeten Hopfensorten herrühren. Wir kennen das auch vom Weißbier, das nach Bananen duftet. Bei den Biersorten-Richtlinien (BJCP) erkennt man auf den ersten Blick, ein Drittel der Hauptbierstile umfassen Ales. Sie sind nach ihrer Herkunft, der Stärke, aber auch ihrer Farbe klassifiziert.

Wichtigste Bierstile, die zu den Ales zählen

  • Pale Ale (PA) ist der Klassiker, hell und elegant gehopft. Wobei hell relativ ist – Pale Ale ist hell im Vergleich zu den ursprünglich in Großbritannien üblichen, sehr dunklen Stouts und Porter. Sie sind, wie man so schön sagt, „easy drinking“, ein leichter Trinkgenuss, von dem es immer noch eines mehr sein darf. Ist als Zusatz beim Namen beispielsweise American oder New Zealand angegeben, bedeutet das, dass Hopfensorten aus dem entsprechenden Land verwendet wurden.
  • India Pale Ale (IPA) ist der Legende nach stärker eingebraut und stärker gehopft worden, damit es die langen Schiffsfahrten in die Kolonien überstehen konnte, um dort verdünnt zu werden. In Wirklichkeit hatte man das Bier selten bis gar nicht verdünnt, sondern sich einfach über den kräftigen Körper und das intensive Hopfenaroma gefreut.
  • Imperial Ale ist mit einem IPA vergleichbar, allerdings, wie der Name schon vermuten lässt, ist es noch etwas stärker. Der Bierstil soll ausschließlich für die Oberschicht gedacht gewesen sein. Heute wird der Begriff Imperial vor einen Bierstil gestellt, um zu zeigen, dass es besonders stark ist.
  • Session PA und IPA sind weniger stark eingebraut als PA und IPA, der Hopfen wird aber so geschickt eingesetzt, dass man manchmal gar nicht auf Anhieb merkt, dass sie deutlich weniger Körper und Alkohol haben.
  • Red Ale und IPA – hier hat das Bier durch dementsprechende Malze eine deutlich rötliche Farbe. Damit einher geht eine meist ausgeprägtere Karamellnote.
  • New England IPA wird oft auch liebevoll Hopfensmoothie genannt. Der Bierstil lebt von den aromatischen, sehr fruchtigen Aromakomponenten des Hopfens, aber nicht von den bitteren. Auch sind die Biere so trüb, dass man wirklich glauben könnte, einen Smoothie vor sich zu haben.
  • Belgian Blonde Ale, oft auch kurz Blonde genannt. Der Stil stammt aus Belgien und zeichnet sich durch seine helle goldene Farbe aus. Stammwürze und Alkoholgehalt sind recht hoch angesiedelt. Auch hier stehen die Hopfenaromen, aber auch die Hefe im Vordergrund, nicht aber die herben Noten des Hopfens. In unserem Fall ist der Bierstil als Italian Blonde angegeben, weil es sich um ein Bier einer italienischen Brauerei handelt. So darf auch immer gerne ein bisschen mit den Bezeichnungen gespielt werden.

    Alternative Rohstoffe sind durchaus üblich, müssen aber immer mit angegeben werden. Die Rechtslage ist hier in den verschiedenen Ländern unterschiedlich. Die meisten Länder halten es ähnlich wie Österreich, wo Kräuter, Gewürze oder Früchte ins Bier dürfen, wenn diese als Lebensmittel zugelassen sind. Die klassischen Bierzutaten müssen aber mindestens die Hälfte ausmachen. Einzig Deutschland und vor allem Bayern ist hier weniger flexibel und beruft sich auf sein Reinheitsgebot. Es sollte einem aber zu denken geben, dass belgisches Bier, das dafür bekannt ist, kreativ und gekonnt mit alternativen Rohstoffen im Bier umzugehen, darin auch eine sehr lange Tradition hat und vor vier Jahren in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. Deutschland hat bereits zweimal erfolglos versucht, mit dem Reinheitsgebot in diese Liste aufgenommen zu werden und hat es schließlich heuer geschafft, mit „handwerkliches Bierbrauen“ angenommen zu werden.

(Aus dem GENUSS.Magazin 07/2020.)

GENUSS.Download Verkostungsergebnisse Ales

Die GENUSS.Kostjury

Verkostungsleiterin: Karin Vouk, Biersommelière und Beerkeeper [Master Level]
VerkosterInnen: Andreas Urban, Dipl. Braumeister, Dipl. Biersommelier und Präsident Bund österreichischer Braumeister und Brautechniker, Stephan Hülber, Biersommelier und Absolvent FH Campus Wien – Bioengineering, Markus Betz, Dipl. Biersommelier, Wolfgang Reisenbichler, Dipl. Biersommelier, Ursula Tlapak, leidenschaftliche Bierkonsumentin, Odo Steuer, leidenschaftlicher Bierkonsument

GENUSS.Info: Drinkability

Darunter verstehen wir die Trinkbarkeit der vorgestellten Biersorte, ausgehend von einer üblichen Gebindegröße (0,33 bis 0,5 Liter). Ein Bier mit einer hohen Drinkability ist demnach ein Bier, von dem man gerne noch ein zweites Glas oder mehr trinken möchte. Dabei ist uns jedoch wichtig zu betonen, dass Bier immer maßvoll genossen werden soll! Der Genuss und die Bereicherung des gesellschaftlichen Lebens stehen im Vordergrund!

1 – ein Glas davon zum Verkosten
2 – davon gerne mehr als ein Glas
3 – ein Bier, das durch den Abend begleitet