Von einem, der ganz anders ist als sein Ruf

Ein Artikel von Siegrid Mayer | 17.03.2021 - 16:57
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Sanfte Hügel und fruchtbare Ebenen prägen die wunderschöne Landschaft des Wagram, der Heimat des Traminer Trophysiegers. © Weingut Nimmervoll

Hand aufs (Wein)Herz: Wann haben Sie das letzte Mal Traminer getrunken? Traminer findet man in der normalen Gastronomie immer noch viel zu selten auf der Weinkarte und das ist sehr, sehr schade. Denn dieser Wein ist mit Sicherheit einer der unterschätztesten und ganz anders als sein Ruf. Im Lauf der vergangenen Jahre hat sich die Stilistik von eher kleb­rig süß und stark rosig parfümiert (eine Aromatik, die mich immer an das etwas dumpfe Parfum meiner lieben Urgroßtante Aloisia erinnerte: „Chat noir“) in eine vollkommen andere Richtung entwickelt.

Traminer überzeugt heute mit geschliffener Eleganz und einem besonderen Fokus auf Würze, Mineralität und reife Frucht. Und ja, natürlich ist auch die eine oder andere Rosenblüte dabei. Der Wein wurde von eher altmodisch rustikal zu einem modernen Typ. Abgesehen von der perfekten Eignung zu vielen vor allem würzigen Speisen ist auch der ganz einfache Genuss eines Glases Wein zu empfehlen; dass man danach eventuell Gusto auf eine besondere Speise bekommt, kann allerdings nicht ausgeschlossen werden.

Ein perfekter Speisenbegleiter

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Respekt und die Liebe zur Natur und zur Harmonie prägen das Handwerk von Gregor Nimmervoll. © Weingut Nimmervoll

Denn in keiner meiner Verkostungen der letzten Jahre wurde so viel über Speisen und deren Kompatibilität mit dem verkosteten Wein gesprochen. Und es lag nicht daran, dass jemand hungrig gewesen wäre, sondern die vielen großartigen Traminer haben uns beflügelt und weckten Erinnerungen und Ideen: wie die Paarung mit salzigem oder gereiftem Käse, geräuchertem Schinken oder Tofu, Süßkartoffelchips, Tafelspitz, cremiger Avocado und würzigem Brot, nicht zu vergessen Curry und andere Asia-Kitchen-Highlights.
Auch die beiden Trophysieger schätzen den Traminer in seiner Eigenschaft als Speisenbegleiter sehr.
So berichtet Gregor Nimmervoll: „Ich erzähle ganz oft von einem Weinmenü bei einem befreundeten Gastronomen. Er reichte unseren Traminer zum Fisch. Aal mit Lardo, Krenschaum und Kresse. Ein kulinarisches Erlebnis, das ich nie vergessen werde.“

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Willi Stürz, Kellermeister der Kellerei Tramin, wirft einen wohlwollend-kritischen Blick auf seine Weine. Höchste Qualität ist bei der geschichtsträchtigen Rebsorte Traminer selbstverständlich. © Florian Andergassen

Und Willi Stürz: „Ich liebe etwa den aromatischen Gewürztraminer mit dem etwas fetteren Südtiroler Bauernspeck, ein tolles, würziges Wechselspiel der Aromen. Eine meiner Lieblingskombinationen ist Safranrisotto mit einem Hauch von La­kritze, ein wahres Feuerwerk am Gaumen.“
Ein traditionelles Rezept aus der Lombardei soll Ihnen auch nicht vorenthalten bleiben: Der Traminer in seiner Ausprägung als Herbstwein passt auch zu Kürbis, natürlich zu gerösteten Maroni, zu Käse und zu lombardischen Teigtaschen, die gefüllt mit Kürbis, Amarettokeksen und Birnen eine wahre Geschmacksexplosion auslösen.
Jetzt wird also wieder mehr gekocht und da wandeln wir ein altbewährtes Rezept etwas ab: Man nehme eine Flasche Traminer, fülle ein Glas in den Koch und tobe sich mit allem Mut und Herzblut kreativ in der Küche aus. In diesem Sinne: Prost! Und guten Appetit.

Die GENUSS.Trophysieger

  • Weingut Nimmervoll, Engelmannsbrunn, Wagram
    94 P. | 2019 Traminer Wagramlöss | € 10,90

    Gregor Nimmervoll über seinen Siegerwein:
    Traminer Wagramlöss ist der kleine Bruder des Traminer Fuxberg. Er besteht aus allen drei Traminer-Spielarten: Roter, Gelber & Gewürztraminer. Bei ihm soll immer die klassische Traminerfrucht im Vordergrund stehen, deshalb verwenden wir hier neben Stahl nur gebrauchtes Akazienholz.
  • Kellerei Tramin, Tramin, Südtirol
    92 P. | 2018 Nussbaumer | € 23,90

    Kellermeister Willi Stürz über seinen Siegerwein: Der Ursprung dieses Weins ist ein geschichtsträchtiger Ort, nämlich das idyllische Weindorf Tramin. Hier hat die Gewürztraminer-Traube ihren Namen erhalten und in die Welt getragen. Mit seiner über 700-jährigen Weinbaugeschichte ist der Nussbaumerhof der Namensgeber für diesen Wein.
    Der Grund für seine unverwechselbare Aromatik liegt im ganz speziellen, sowohl mediterran als auch alpin geprägten Klima. Einerseits verleiht die Sonne den Trauben Kraft. Andererseits bringen kalte Fallwinde aus den Bergen Frische und Eleganz in die Trauben, lassen die Fruchtnoten hervortreten und sorgen dafür, dass die Weine einen unglaublich saftigen Charakter entfalten. Dazu kommen Böden aus Lehm und Kalk auf Vulkangestein-Untergrund, die vor allem in den begehrten Hanglagen als Wärmespeicher wirken.

GENUSS.Tipp: Was die Trophy-Sieger außerdem noch über Traminer zu erzählen haben, lesen Sie im GENUSS.Magazin 08/2020 (auch als ePaper).

GENUSS.Download Verkostungsergebnisse Traminer

Die GENUSS.Kostjury

Verkostungsleiterin: Diplom Sommelière Siegrid Mayer
VerkosterInnen: Johannes Fiala, geprüfter Koster, Weinakademiker, Andreas Hubmann, geprüfter Koster, Weinakademiker i. A., Moreno Torti, ASI Diplom Sommelier

Hier finden Sie alle Informationen & Details zu unserem Verkostungs- und Bewertungssystem.