Der kleine Bruder vom Wein

Ein Artikel von Siegrid Mayer | 28.04.2021 - 17:00
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© Christian Kurz

Diesmal kein Wein, Trauben­saft also soll es sein. Ein spannendes Thema, immerhin ist es auch in der Gastronomie wichtig, alkoholfreie Alternativen in der Speisenbegleitung anzubieten – und der Genuss soll dabei auch nicht zu kurz kommen. In dieser Verkostung wurden die Traubensäfte demnach mit derselben Ernsthaftigkeit wie Weine betrachtet. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen und schmecken lassen.

Wer vermutet, dass das Verkosten von Traubensaft einfach ist, der irrt. Denn durch den hohen Zuckergehalt wird die Verkostung süß und damit anstrengend. Was aber dem gleichzeitigen Vergnügen keinen Abbruch tut. Denn der kleine Bruder des Weins, quasi die Vorstufe vor dessen Vergärung, zeigt viel: Von sehr schönem und intensivem Farbspiel bis zur Aromenvielfalt; von wirklich eindeutiger Sortentypizität über straffe Textur und durchaus feine Gerbstoffe reicht die Darbietung der in sehr hoher Qualität eingereichten Kandidaten.
Dabei gibt es auch Säfte, die mit Fruchtsaft gemischt werden. So zum Beispiel der 2019 Traube-Johann Cabernet Carol und schwarze Johannisbeeren vom Bio-Weingut H.u.M. Hofer aus dem Weinviertel, der auch Johannisbeersaft enthält und deutliche Erinnerungen an einen jungen Cabernet Sauvignon hervorruft. Es scheint gut vorstellbar, dass sich viele Fruchtsäfte harmonisch mit Traubensäften cuvetieren lassen können.

Shaken not stirred

Ein Tipp: Die unfiltrierten Traubensäfte sollte man ordentlich schütteln, damit sich die natürlichen Trubstoffe und mit ihnen die gesamten Aromen gleichmäßig verteilen können. Einige der eingereichten Säfte sind mit Kohlensäure versetzt und bieten dadurch spritzig-fruchtiges Trinkvergnügen. Meistens wird der Saft aber nicht pur getrunken, sondern mit stillem oder kohlensäurehaltigem Wasser verdünnt. Auf jeden Fall vertragen die Säfte es, gekühlt und in einem ordentlichen Weinglas serviert zu werden.

Und wie beim Wein gilt auch hier die Devise: Kosten Sie sich durch, diesmal darf man ja auch gerne ein Glas über den Durst trinken!

Alle Verkostungsergebnisse finden Sie hier zum Download und im GENUSS.Magazin 01-02/20212.

GENUSS.Fragen an Trophy-Sieger Harald Lieleg zum Traubensaft vom Blauen Zweigelt

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Harald Lieleg © Lieleg-Kollerhof / Körbler

Was gibts zum Siegersaft zu sagen?
Er ist ein 100-prozentiger Fruchtsaft aus ausgewählten Zweigelttrauben. Erzeugt köstliche, lebendige und gut ausgeprägte Aromen von dunklen Beeren und Kirschen, am Gaumen leicht säuerlich. Ausgewogener und lang anhaltender Abgang. Er wird gerne als Speisenbegleiter zu Süßspeisen serviert. Traubensaft ist generell ein guter natürlicher Vitamin-C-­Lieferant, und der rote Traubensaft ist ideal fürs Jungbleiben der Gefäße.

Wie wichtig ist Traubensaft in Ihrem Betrieb und in der Region? Geht es vielleicht noch weiter in Richtung Lagen-Traubensaft?
Der Traubensaft ist in unserem Betrieb sehr wichtig. Auch im Buschenschank wird sehr viel Wert darauf gelegt, naturreine Säfte zu servieren. Wir haben bereits drei Landessieger bei der Steirischen Saftprämierung erhalten und waren auch heuer wieder im Finale mit unseren Traubensäften aus Blauem Zweigelt und Muskateller – diese beiden wurden mit Gold ausgezeichnet.
Für die Region finde ich es sehr wichtig, dass zusätzlich zu den guten Weinen auch gute Traubensäfte serviert werden. Einen Lagen-Traubensaft hingegen halte ich nicht für sehr sinnvoll.

Gibt es von denselben Trauben einen vergorenen „Weinbruder“?
Ja, den gibt es. Im Sortiment ist das der Zweigelt Steinkogl. Und zusätzlich bieten wir noch einen Rivaner Traubensaft und einen Gelben Muskateller Traubensaft an.

Kann oder soll Traubensaft als Alternative zu Wein betrachtet werden? Oft wird zu viel an Süße angemerkt – gibt es Tendenzen zu trockeneren Säften, wie sind hier die Möglichkeiten?
Als Alternative kann der Traubensaft für Nicht-Weintrinker immer angeboten werden. Ein trockener Traubensaft, finde ich, würde nicht so gut schmecken und nicht gut bei den Kunden ankommen.
Generell sind die Traubensäfte aber auch nicht mehr so süß wie früher.

Traubensaft kann auch ein feiner Speisenbegleiter sein. Welche Speisen genießen oder empfehlen Sie dazu? Pur oder gespritzt? Stilles Wasser oder Soda?

Der Traubensaft eignet sich für Nicht-Weintrinker und Kinder eigentlich zu allen Speisen. Angefangen von der typischen Brettljause über frische Sommersalate, Pastagerichte, Fisch und noch vieles mehr.
Als Durstlöscher empfehle ich den Traubensaft mit Soda gespritzt, aber natürlich schmeckt der Saft auch mit stillem Wasser sehr gut.

Haben Sie eine persönliche Anmerkung?
Manchmal ist mit dem Lieblingsmenschen Wein zu trinken die einizige Therapie, die man braucht.

Die GENUSS.Kostjury

Verkostungsleiterin: Diplom Sommelière Siegrid Mayer
Verkoster: Alexander Lupersböck, GENUSS.CR-Stell­vertreter und Weinakademiker

Hier finden Sie alle Informationen zu unserem Verkostungs- und Bewertungssystem.