Die Leichtigkeit des Wein-Seins

Ein Artikel von Birgit Kowarik | 19.05.2021 - 17:00

Im Frühjahr wird mit den steigenden Temperaturen wieder gerne zu Weiß- und Roséweinen gegriffen. Dass häufig Rotweine außer Acht gelassen werden, zeigt von einem tief verwurzelten Denken, da den Roten insbesondere in Österreich Attribute wie schwer, alkoholreich und holzlastig zugeschrieben werden. Dabei lassen sich gerade viele beliebte trocken ausgebaute Weine aus den Rebsorten Zweigelt, Pinot Noir und Vernatsch (Trollinger) sowohl leicht gekühlt als Speisenbegleiter als auch solo unter dem Sonnenschirm genießen.

Leichtigkeit beginnt im Weingarten

In den 1980er- und 1990er-Jahren waren weltweit schwere, alkoholreiche und holzbetonte Weiß- und Rotweine das Maß aller Dinge. Die vergangenen zehn Jahre zeigen allerdings eine deutliche Trendumkehr. In den Fokus der Winzer und Konsumenten rücken vermehrt leichtfüßige, elegante, fruchtbetonte Weine, deren Herkunft sich aufgrund ihrer ursprünglichen Geschmacksprofile einfacher rückverfolgen lässt. Bereits im Weingarten wird darauf geachtet, dass die Reben nicht zu hohe Zuckergradationswerte erreichen, um den Alkoholgehalt im Wein moderat halten zu können. Im Weinkeller wird Holz hintergründig, behutsam und unterstützend eingesetzt, um den spezifischen Charakter der Rebsorten unterstreichen zu können. Daher werden bevorzugt Stahltanks, großes Holz, gebrauchtes kleines Holz oder eine Kombination aus diesen Ausbauvarianten verwendet.

Herkunft und Zeitgeist

In Österreich fand ab 2003 ein wegweisender Umdenkprozess in Richtung Herkunft mit der Einführung der gebietstypischen gesetzlichen Abkürzung DAC statt. Die Sortentypizität und der Charakter des Weins sowie der Wiedererkennungswert des jeweiligen Weinbaugebiets (Terroir) stehen dabei im Vordergrund. Es ist naheliegend, dass diese Vorzüge mit allzu holzbetonten Rotweinen kaum ausgespielt werden können. Diese sogenannten Holzbomben bilden daher eine eigene „Reserve“-Kategorie. Außerdem ist Wein immer schon modischen Schwankungen unterworfen gewesen. Bestimmte Rebsorten, Restzuckergehalte und der Einsatz von neuem Holz repräsentieren oft eine Ära. Gegenwärtig besinnen sich die Konsumenten verstärkt auf naturbelassene und ursprüngliche Produkte. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass der biologische und biodynamische Weinbau kontinuierlich im Zunehmen ist. Ein gesunder Lebensstil im Einklang mit der Natur und dem Wissen über die Herkunft liegt im Trend, und hier schließt sich wieder der Kreis, ganz im Sinne der Leichtigkeit des Seins.

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GENUSS.Trophysieger: Weingut Manincor, Kaltern, Südtirol

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Director & Winemaker Helmuth Zozin vom Weingut Manincor begutachtet die Reife seiner Trauben im Weingarten. © Alex Filz (auch: Teaserfoto Manincor Weingärten)

94 P. | 2018 Réserve del Conte (Lagrein, ME, CS) | € 15,90

„Dem Erbe verpflichtet. Jedoch nicht vom Erbe belastet.“ Dieses geschichtsträchtige Zitat prägt auch die Philosophie des Weinguts Manincor in Kaltern, Südtirol, dessen Wurzeln bis in die Anfänge des 17. Jahrhunderts reichen. Erbauer und Namensgeber des Gebäudes war Hieronymus Manincor. Für seine Verdienste um das Land Österreich hatte er vom Kaiser Grundstücke am Kalterer See und einen Adelstitel bekommen. Die Gründung des Weinguts fand im Jahre 1991 statt. Michael Graf Goëss-Enzenberg startete mit der Vision, eigene Weine von höchster Qualität mit einer einzigartigen Handschrift zu keltern. 2004 wurde der neue „Keller im Weinberg“ eröffnet, welcher bis heute ein Anziehungspunkt für Wein- und Architekturinteressierte ist. Das von Director & Winemaker Helmuth Zozin geführte Weingut strahlt heute im modernen Glanz und ist auch ganz der Biodynamie verschrieben. Der Siegerwein, eine Cuvée aus 35 Prozent Lagrein, 40 Prozent Merlot und 25 Prozent Cabernet Sauvignon stammt aus den beiden Südostlagen Manincor und Panholzerhof, die zu den wärmsten Lagen Südtirols zählen. Die kräftigen, sandigen Lehmböden sind von Kalkschotter und Gletschergesteinsablagerungen durchzogen – optimale Grundvoraussetzungen für große Rotweine, und das spürt man auch im Glas.

Die GENUSS.Kostjury

Verkostungsleiterin: Mag. Birgit Kowarik, Weinakademikerin
VerkosterInnen: Karin Vratny, Diplom Sommelière, Pepe Perez-Ubeda, Weinakademiker

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