Männerwirtschaft.Frauen gibt es keine in der Fleischerei Vogl, die Männer bringen die Ware auch recht gut an die Frau. © Rottensteiner
"Den musst du unbedingt kosten, wenn du auf die Schranne kommst, den Schinken vom Meister Voglaus Palting“, sprach Karl Stranzinger, seines Zeichens Verkaufsleiter des heimischen Gewürzprimus Wiberg und selbst Fleischermeister, zu mir – und er sollte recht behalten. Bei meinem letzten Salzburgbesuch Ende November pilgerte ich folgsam und neugierig geworden auf Salzburgs Wochenmarkt, die Schranne, die jeden Donnerstag Feinschmecker aus nah und fern wie das Licht die Motten anzieht. Ich sollte es nicht bereuen, abgesehen davon, dass ich jede Menge an hervorragenden handwerklichen Fleischern aus Salzburg und Oberösterreich antraf. Ob Auernig, Kriechbaum, Hauer, die creme de la creme der Salzburger und oberösterreichischen gewerblichen Fleischerszunft gibt sich jede Woche ein Stelldichein zusammen mit Bäckern, Konditoren, Direktvermarktern und Feinkosthändlern. Die Schranne kann man nicht ohne lukullische „Beute“ verlassen, ein Ding der Unmöglichkeit.
Nach ausgiebigem Bummel samt ordentlichem Einkauf standich vor dem Verkaufsmobil der Fleischerei Vogl aus Palting. Hinter der Budl der Chef Ludwig Vogl und sein Neffe Philipp Stark. Erster Eindruck: Eine Landfleischerei, die man durchaus auch mit einem Stand eines bäuerlichen Direktvermarkters verwechseln könnte. Das ist keinesfalls abwertend zu verstehen. Nein, die Vogls sind keine Blender. Die Produktee her rustikal von der Aufmachung her und der Präsentation. Das alleine hat mich noch nicht vom Hocker gerissen, daher ran an den Schinken. „Zart schmelzend, unvergleichlich saftig ist er“, machte mir mein Freund Karl schon im Vorfeld den Mund wässrig - und er sollte recht behalten. Das erste Mundgefühl voller Erwartung. Keine Enttäuschung, im Gegenteil: überwältigende Milde, saftig-zarter Biss, ein Hauch von Knoblauch und Wacholder, eine Ode von Kochschinken, ein echtes Meisterstück eben. „Geben Sie mir 30 Deka, der Schinken ist ein Hammer!“ Meister Vogl trägt‘s mit der Gelassenheit des Kundigen, lächelt verschmitzt, als ob ihn das nicht besonders überraschen würde: „Darf‘s noch was sein?“ „Die Knödel da, bitte acht Stück und einen Termin für eine Reportage.“ Die Knödel erledigt der bescheidene Mann routiniert, sie werden später auf dem Teller mindestens genauso munden wie der Schinken, der außer etwas frisch gerissenem Kren und frischem Bauernbrot keine Begleitung braucht. Das mit der Bitte nach einer Zeitungsreportage bringt ihn schon eher aus der Fassung: „Ich weiß nicht, ob ich das will. Wir sind eine kleine Landmetzgerei und wollen eigentlich kein Trara um unseren Familienbetrieb,“ schlägt unüberhörbare Zurückhaltung durch. Da muss ich wohl noch ein wenig Überredungskunst anwenden, aber nicht auf der Schranne. Wir vereinbaren einen Anruf und ich lasse Weihnachten verstreichen. Danach sind Fleischer gewöhnlich empfänglicher für Termine. Mitte Jänner, die Zeit ist Reif für den Voglruf. „Ich weiß nicht ...,“ ist der Chef immer noch skeptisch, „na ja, gut, kommen S‘ also vorbei...,“ lässt sich Ludwig Vogl doch noch überzeugen, das seine Reportage nicht wehtut.
Klassischer Landfleischer
Also nichts wie hin bevor er es sich wieder anders überlegt! Die Neugierde ist groß, wer ist dieser Mann, den ich in mehr als 20 Jahren Berufserfahrung mit den Fleischern nie kennengelernt hatte? Palting, ein Flecken im Innviertel, Bezirk Braunau, unweit der Salzburger Landesgrenze. Eine Region mit erstaunlich vielen erfolgreichen Fleischern für die heutige Zeit. Fast alle fahren sie ins „Gai“, so nennt man den mobilen Verkauf. Kein großes geschlossenes Siedlungsgebiet, sondern die Gehöfte übers Land verstreut. Ackerbau, Viehzucht, Milch- und Fleischwirtschaft. Rinder und Schweine, bunt gemischt, wie geschaffen für gewerbliche Fleischer wie Ludwig Vogl.
„Ich schlachte alles selber, rund zehn Schweine, ein Rind und zwei Kälber pro Woche sowie Lämmer und Wild nach Bedarf.“ Wieso überrascht mich das nicht? Der Meister ist bescheiden und trotzdem sehr beeindruckend. Kein Blender, sondern fest verwurzelt in seinem Metier und in sich. Ludwig Vogl stellt seit seiner Lehrzeit mit seinem Bruder Hugo alles selbst her, was es in seinem Fachgeschäft gibt. Für internationalen Schnickschnack ist kein Bedarf, die Leute wollen das, was sie kennen und gewöhnt sind. Welch’ ein Glück, dass sie den Vogl haben, der versorgt sie mit feinsten Wurstdauerbrennern wie Knackern, Frankfurtern, Hauswürsteln oder der deftig-feinen Lyoner, dem in Oberösterreich allgegenwärtigen Leberkäs, ländlicher Hausmannskost wie den bereits verkosteten Knödelvarianten mit Grammeln, Selchfleisch, geröstetem Faschiertem und einer Schinken-Käsefüllung sowie dem edlen Kochschinken.Nicht außer Acht lassen darf man auch die Bratwürstel im Schweinesaitling, großes Kaliber, am besten in Butter oder Schmalz herausbraten, bis sie goldgelb glänzen. Das alles von Tieren, die er selbst von den Bauern aus der Umgebung abholt. Wertschöpfung aus und für die Region. Perfekt.
Schinkenkapazunder
Woher er seine Schinkenbrillanz hat, will ich wissen: „Den mache ich nach einem alten Familienrezept, kaum Hilfsstoffe ,zunächst bei 55°C sanft geräuchert, dann bei rund 80°C schonend zwischen fünf und 5,5 Stunden gegart. Davor liebevoll und behutsam massiert und nur das beste Fleisch vom Schlögl verwendet!“ Das war‘s? Mehr ist es nicht. Kein Riesenaufwand, nur Zuwendung und Hingabe an den Beruf. Das macht das Geheimnis des Männerbetriebes aus, in dem Frauen bis auf Vogls Mutter nicht anzutreffen sind: „Die Richtige war halt noch nicht dabei,“ sieht der 60 Jährige kein Problem in dieser Tatsache. Keine großen Geheimnisse, keine ausgetüftelten Rezepturen,etwas viel Wichtigeres ist die Basis des Erfolgs: „Ich liebe meinen Beruf seit meiner Lehrzeit in Kitzbühel. Das ist doch selbstverständlich, sonst könnte ich nix G’scheites machen.“
>> Kontakt
Fleischerei Ludwig Vogl
5163 Palting 11
Tel.: 06217/71 01, E-Mail: ludwigvogl@aon.at