Liebe galoppiert durch den Magen

Ein Artikel von Johannes Rottensteiner | 20.08.2013 - 23:03
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© Rottensteiner

Essen hat hierzulande sehr viel mit Tradition zu tun. Deshalb geht es manchen Spezialitäten genauso wie alten Bräuchen: sie sterben aus. Pferdefleisch und die daraus hergestellten Spezialitäten haben außerhalb der größeren Städte im Osten Österreichs schon lange ihre kulinarische Existenz ausgehaucht. Lediglich in Wien und Umgebung haben sie sich hartnäckig als Geheimtipp unverbesserlicher Feinspitze gehalten. Diese eingeschworene Klientel ließ sich von keiner Hiobsbotschaft aus dem Sattel werfen, sie hält ihrem „Pepihacker“ (so bezeichnet man den Fleischer, weil früher der„Pepi“, wie man Perücken im Volksmund nannte, aus Rosshaar gefertigt wurde. Daher wurde aus Pferdefleischhacker „Pepihacker“. Anm. d. Red.) unerschütterlich die Treue. Nun ist dieses Nischenprodukt allerdings recht abrupt aus seinem Dornröschenschlaf erweckt worden. Der in den Medien wie ein Strudelteig ausgezogene Pferdefleischskandal, bei dem es sich eher um einen Etikettenschwindel handelt, hat das Interesse einer breiten Öffentlichkeit auf dieses Randsegment gelenkt. Sehr zur Freude der wenigen Pferdefleischer, die plötzlich schier überrannt werden. Margarethe Gumprecht weiß ein Lied davon zu singen: „Bei den Edelstücken von Pferd und Fohlen haben wir Vorbestellungen für die kommenden Wochen. Wir konnten Umsatzzuwächse von teilweise über 30 Prozent bemerken.“

Seit 1993 in Wien

Leopold Gumprecht jun., ein junger Mann aus Enns, führt in vierter Generation seinen Familienbetrieb, der etwas für die Fleischbranche absolut Unübliches getan hat. Man ist 1993 mit dem Großteil des Unternehmens in ein anderes Bundesland übersiedelt. Damals suchte die Wiener Pferdefleischerei Horn einen Nachfolger. Der Vater des heutigen Firmenchefs, Leopold Gumprecht sen., nahm allen Mut und sehr viel Geld zusammen, kaufte alle Horn-Geschäfte und wurde über Nacht die Nummer 1 der Wiener Pferdefleischer.

Das Zepter über den Verkauf in Wien übernahm die Mutter von Leopold Gumprecht jun., Margarethe Gumprecht. Heute bekommt man die Schmankerln aus dem Hause Gumprecht an den meisten Würstelständen der Stadt, aber auch in ausgesuchten Feinkostgeschäften. Leopold Gumprecht jun. arbeitet so wie sein Vater nach dem Motto „Nur wenn man Gutes reintut, kommt auch Gutes dabei raus“ und hat die Produktion und die Produktentwicklung über. In der Feinzerlegung ist nach wie vor der Seniorchef das Maß aller Dinge. Die Frische der Produkte, eine hohe und beständige Qualität und bester Geschmack sind der Familie ein echtes Anliegen. Geschlachtet wird im eigenen Betrieb, die Pferde dafür stammen ausschließlich aus Österreich.

Mehr wie Rind oder auch Wild

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Fleischermeister Klaus Koglbauer führt als Franchisenehmer ein Gumprecht-Geschäft © Rottensteiner

Was unterscheidet eigentlich Pferdefleisch von seinen Mitbewerbern? Die Equidenexpertin findet auch hier passende Worte: „Pferdefleisch ist zarter im Biss, gleichzeitig aber nicht so geschmacksintensiv wie Schaf oder Ziege, und das, obwohl es üblicherweise die meiste Zeit seines Lebens auf der Weide zubringt und frisches Gras frisst. Im Aussehen ähnelt es dem Rindfleisch. Das Muskelfleisch ist mit 2,7 Prozent sehr fett-, cholesterin- und purinstoffarm, also durchaus für diätetische Zwecke geeignet. “Den Makel eines „Arme-Leute-Essens“ hat das Pferdefleisch seinerzeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhalten, als doppelt soviel Pferdefleisch wie Rindfleisch auf den Essensmarken zugeteilt wurde. Deshalb nannte man das Fleisch vom Ross schon einmal „falsches Rind“, was sich auch in manchen Rezepten wiederfindet: Der deutsche Sauerbraten beispielsweise wurde ursprünglich aus Pferdefleisch zubereitet. Eher zum Schmunzeln ist die Bezeichnung als „Pflasterhirsch“. Das dürfte seinen Grund in der Farbe des Fleisches haben, die manchmal durchaus dem Wildbret ähnlich ist.

Leberkäs ist der Knüller

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Leopold und Leopold Gumprecht jun. und sen. in trauter Zweisamkeit im Produktionsbetrieb in Enns. © Knura

Den Feinspitzen in und um Wien ist vor allem Gumprechts Pferdeleberkäs ein Begriff, ein Produkt, das es als Pizza-, pikanten Pfefferoni-, scharfen Chili-, Käseleberkäs mit dem Aroma frischen Emmentalers oder ganz normal zu vernaschen gibt. Drinnen findet sich außer Pferdefleisch, Schweinespeck, Salz, Wasser, Gewürzen und unverzichtbaren Zusatzstoffen nichts, was nicht hineingehört. Die sensorischen Eigenschaften von Leberkäs lassen wir Margarethe Gumprecht beschreiben: „Unseren Leberkäs zeichnet eine kräftige, rustikale Note aus, er beeindruckt durch sein intensives Fleischaroma, den ausgeprägten und doch flaumigen Biss und den würzigen Abgang. “Neben dem Klassiker Leberkäs finden sich auch Produkte wie der Honigschinken, das Pastrami, Kaminwurzen, Dürre, das pikante Höllenstangerl oder die „Dicke Hölle“, eine scharfe Stangenwurst, im Sortiment, das einiges Scharfes bietet: „Die Wiener lieben eine gewisse Schärfe in den Produkten. Dem tragen wir gerne Rechnung,“ spricht die Pferdechefin und lächelt wissend. Damit halt Liebe wirklich durch den Magen galoppiert.

Daten, Fakten

Pferdefleischerei Gumprecht
Gegründet: 1926 als Fleischerei sowie Pferde- und Viehhandel von Anna Freudenthaler. Ihre Tochter heiratete Leopold Gumprecht I., der aus einer Fleischerfamilie in Hainburg (NÖ) stammte und nach dem Krieg nach Enns kam.

Zentrale Enns:
Reintalgasse 20, 4470 Enns,
E-Mail: office@gumprecht.at, Tel: 07223 82358,
Fax: 07223 86363

Logistikzentrale/Abholmarkt:
Himbergerstraße 9, 2322 Zwölfaxing,
E-Mail: wien@gumprecht.at, Tel: 01 6043183,
Fax: 01 6063808

Filialen:
Viktor Adler-Markt,
1100 Wien, Stand 38/43,
Tel: 01 606 22 29
1160 Wien, Wilhelminenstraße 81,
Tel: 01 4894001

Meidlinger Markt
Std 134/135, 1120 Wien,
Tel: 01 8124024

Floridsdorfer Markt
Schlingermarkt Std 79, 1210 Wien,
Tel: 01 2709862

Mariahilfer Gürtel
Mariahilfer Gürtel 1a, 1150 Wien,
Tel: 01 8932717

Floridsdorfer Markt

Schlingermarkt Std 79, 1210 Wien,
Tel: 01 2709862

Gusto-Filialen
Appeltauer Bettina, Gottschalkgasse 10, 1110 Wien,
Tel.: 01 7431780

Koglbauer Klaus
Karmeliter Markt, 41/42 1020 Wien,
Tel: 01 2124757

Fotos Knura, Rottensteiner