A g’söchte Partie

Ein Artikel von Redaktion, A. Sturm | 05.04.2016 - 16:32
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Ein schönes Stückerl von der Schweinsschulter oder  vom Schlögel, Salz, Gewürze und ein mehr oder  weniger ausführlicher Aufenthalt in heißem Buchenrauch – das sind die eigentlich simplen Eckdaten, die  „Teilsames” zu einem köstlichen Teil österreichischer Essgewohnheiten machen.
Das gute Stück kommt in den meisten Fällen bereits durchgegart in die Vitrine. Seltener wird der Kochvorgang dem Konsumenten überlassen.
In fertiger Form ist es eine Bereicherung für jedes Butterbrot und für die Brettljausn, aber noch  häufiger isst man es warm. Ganz klassisch mit Sauerkraut und Knödeln, als warmer Osterschinken mit Erdäpfelpüree  und Röstzwiebeln, in der Suppe oder als geschmacksintensive  Alternative zum Kochschinken in den Schinkenfleckerln ist das Teilsame ein höchst wandelbarer Genuss. Wie der  berüchtigte Wolf in den Schafspelz, hüllt sich das Teilsame auch gern in den Brotteig und wird so zum meist österlichen  Hochgenuss. Ebenso vielfältig wie die Verwendung ist die Erscheinungsform des guten Stücks. Das ausgewählte Fleisch wird so verarbeitet, wie es gewachsen ist, die endgültige Form hängt also sowohl vom verarbeiteten Tier als auch vom  Zuschnitt durch den verarbeitenden Fleischer ab. In Frage kommen dafür die dicke Schulter vom Schwein oder ein  Schinkenstück. In den meisten Fällen wird das gewählte Teil  ohne Speck und Schwarte verarbeitet. Da der Zuschnitt aber im Lebensmittelbuch nicht genau vorgeschrieben ist, sind  dabei durchaus andere Ansätze möglich.

Kochpökelware

Im Lebensmittelbuch findet man Teilsames unter Kochpökelware.  Das Einsalzen, also die Pökelung, kann durch  Spritz- oder Nasspökelung erfolgen. Die Salzlake wird also  entweder mittels Spritzen in das Fleisch eingebracht, oder  das ausgewählte Stück liegt nach einer zunächst trockenen Pökelung in der Flüssigkeit, bis es gut durchgezogen ist. Der Fremdwasser gehalt darf am Ende fünf Prozent nicht übersteigen,  das ist besonders bei der Spritzpökelung wichtig.  Wenn alles gut durchgesalzen ist, geht es ab in die Räucherkammer.
Teilsames wird heißgeräuchert, und zwar üblicherweise mit Buchenholz. In den allermeisten Fällen wird es dann noch durchgegart, nur wenige Hersteller überlassen das  Kochen dem Endverbraucher. Das Teilsame ist eine urösterreichische Spezialität, mit deren Namen man unsere deutschen Freunde nachhaltig verwirren kann. Am nächsten dran ist das „Kasseler“, doch das kommt niemals aus der Schinkengegend, kann dagegen aber auch ein Karrees ein. Der österreichische Name ist übrigens durchaus sprechend  zu verstehen, denn in seiner idealen Ausprägung ist  das Teilsame zart, butterweich und eben leicht teilbar. Wir wollten wissen, wer das beste im ganzen Land macht.

Die Jury waltete ihres Amtes

Acht Juroren und 17 unterschiedlichste Stücke Teilsames  trafen im Kochstudio essen:z in Wien aufeinander. Dem  G’söchtn auf den Zahn fühlten Gastgeberin und Ernährungsexpertin Michaela Hauptmann, Fleischermeister i. R. und Opernsänger Andreas Söllner, Helmut Gattringer,  Geschäftsführer der TANN St. Pölten, Autor und Koch Gerd Wolfgang Sievers, Gabriela Wetscherek-Seipelt von der BOKU Wien, Michael Trünkel von der Traditionsfleischerei Trünkel, Unternehmensberater Mag. Jürgen Olbrich und der Kulturanthropologe Lucas-Michael Kopecky.  Anhand einer dünnen und einer dicken Scheibe widmeten sich die Verkoster den Produkten. Optik, Haptik, Geruch, Mundgefühl, und schließlich das wichtigste Kriterium, der Geschmack, wurden erforscht und diskutiert.

Der Sieg geht nach Niederösterreich

Nach vielen rauchig-salzigen Bissen kürte die Jury das Teilsame von Doris Steiner (Sollenau, Niederösterreich) zur Nummer eins. Das herzhafte Stück überzeugte mit bäuerlich-ehrlicher Optik, kräutrig-rauchiger Duftnote und saftigem Biss bei fleischigem Geschmack mit san fter Pfeffernote.
Auf Platz zwei landete das Schulterstück von Schirnhofer (Steiermark). Es punktete mit salzig-zartem Fleisch, intensivem  Raucharoma in der Nase, das auf der Zunge durch Salz, Knoblauch und Wacholder ergänzt wurde.
Den dritten Platz teilen sich zwei Produkte. Willibald  Mandl aus Ternberg (Oberösterreich) legte ein klassisches Teilsames vor, das mit intensivem Rauch und kräftigem  Salz auf guter Fleischbasis die rustikal-alpenländische Charakteristik perfekt ausspielte. Das Teilsame von TANN St. Pölten erfreute mit frischem Schinkenduft bei nur leichtem Rauch und mildem Geschmack mit interessanter Kümmelnote.
Insgesamt war die Qualität erfreulich hoch, in der Top 12 blieben alle Teilnehmer deutlich über der Durchschnittsnote drei. Am anderen Ende des Bewertungsfeldes gab es Abzüge vor allem für zu viel oder zu wenig Salz, zu trockene Fleischqualität und chemisch anmutendes Raucharoma. Ganz hervorragend schmeckte der Jury allerdings auch das Schinkenstück von der Fleischerei Schader in Tamsweg (Salzburg). Zart, saftig, mit gutem Fettrand und wunderbar mediterraner Würze schmeichelte es sich in die allerhöchsten Wertungsränge und holte die Höchstnote 5,0. Doch neben der einstimmigen Begeisterung waren sich die Verkoster auch einig: Das ist kein  klassisches Teilsames, sondern ein sehr gelungener Gewürzschinken. Daher wurde dieses Produkt auch außerhalb der Konkurrenz bewertet.

Verkostungsergebnisse

Doris Steiner, NÖ
bäuerlich-ehrliche Optik, kräutrig-rauchige Duftnote, saftiger Biss, fleischiger Geschmack, stimmige Würzung, sanfte Pfeffernote
4,8 Punkte

Schirnhofer (Unimarkt)
saftig-zart, intensiver Rauch in der Nase, geschmacklich stimmig, Knoblauch- und Wacholdernote
4,5 Punkte

Willibald Mandl, OÖ
dunkel, intensiver Heißrauch, rustikal, tolles Fleisch, feiner Geruch, wirkt handwerklich
4,4 Punkte

TANN St. Pölten (Spar)
perfekter Glanz, fleischig-intensiv, angenehmer produkttypischer Geruch, würzig, leichte Wacholder- und Kümmelnote
4,4 Punkte

Walser, Vbg
schön durchzogen, sehr mild, Salz und Fleisch dominieren, guter Fettanteil
4,3 Punkte

Ablinger, Salzburg (Merkur)
optisch ansprechend, zart im Biss, Fettgeschmack positiv, sehr fleischig, klassisches Geselchtes
4,2 Punkte

Wess Höchtl, NÖ (Adeg) (nicht gekocht)
guter Rauch, fleischiger Geruch, schön saftig, guter Biss, intensiv, rustikal
4,0 Punkte

Schreiber, Wien (nicht gekocht)
intensiver Rauch, Würzung sehr harmonisch, zart am Gaumen, dezente Würze
4,0 Punkte

Dorfgold (Lidl, Herst: Reiner Graz)
sehr gut durchzogen, Fett angenehm, zart im Biss, leichter Rauch, etwas viel Salz
3,8 Punkte

Wiesbauer
super Rohmaterialauswahl, sehr guter Wacholder, pfeffrig und kräuterbetont, sehr intensiv in Salz und Würze
3,8 Punkte

Aibler (Hofer)
Rauchgeruch intensiv, Biss fest, rauchig-ausgewogen, guter Speck, nicht ganz harmonisch
3,7 Punkte

Trünkl
Geruch nach Rauch, Würzung sehr mild, wenig Rauch, nicht ganz typisch
3,6 Punkte