Zum Aufwärmen nach einer schönen Herbstwanderung, als Intro vor dem Kalbsschnitzerl oder als wärmende Mahlzeit zwischendurch: Ein Leberknödel in der Suppe macht den Tag auf jeden Fall besser.
Wie sein Verwandter aus dem Trockenen, der Semmelknödel, war auch der Leberknödel in gewissen Regionen einst als „Schwiegermuttertest“ bekannt: Brachte die potentielle Schwiegertochter wohlschmeckende flaumige Kugerl zustande, gab es Lob und grünes Licht für die Hochzeit. Heute sind selbstgemachte Knödel eher selten geworden. Das GENUSS.Magazin hat deshalb 20 Vertreter der vorgeknödelten Leber-Leckerbissen versammelt, um den besten unter den runden Genossen zu finden.
Briefbeschwerer war glücklicherweise keiner dabei, denn auch wenn das Wort Knödel vom althochdeutschen „knode“, also Knoten, kommt, ist die flauschige Konsistenz ein ganz wesentliches Merkmal eines guten Leberknödels. Inhaltlich beschreibt ihn das österreichische Lebensmittelbuch recht präzise. Mindestens 40 Prozent Rinds- oder Schweinsleber müssen es sein, dazu kommen Brösel, Ei, Gewürze und Trinkwasser, allenfalls auch Milch und Fett, wobei der Fettgehalt höchstens 20 Prozent der Gesamtmasse ausmachen darf. In real existierenden Knödeln steckt zumindest in Österreich häufiger Rinds- oder Kalbsleber als schweinerne. Ob die Masse ganz fein püriert wird oder noch bissfeste Anteile enthält, entscheidet der Hersteller. Auch beim Semmelanteil scheiden sich die Geister. Der üblicherweise erwünschten Flaumigkeit nähert man sich mit einem kräftigen Semmelwürfel- oder -bröselanteil leichter an, Leber-Puristen möchten aber in ihrem Knödel die Brotanteile weder sehen noch schmecken. In unserem Teilnehmerfeld war vom luftigen Knödel mit Leberanklang bis hin zu pastöser Leber-Opulenz fast ohne Brösel alles dabei.
Bodenständige Würzung
In der Würze zeigt sich der Leberknödel bodenständig. Zwiebeln sorgen für abgerundete Milde, dazu kommen meist, wie schon in „Die süddeutsche Küche“ von Katharina Prato 1869 beschrieben, etwas Knoblauch, Majoran und eventuell Neugewürz. Heute ist meist auch eine mehr oder weniger kräftige Prise Pfeffer dabei, einige unserer Kandidaten ließen auch einen Hauch von Senfkörnern oder einen Anklang von Piment erschmecken.
Ist der Knödel gewürzt und geformt, wird er in Rindsuppe durchgegart. Eine Sonderform ist der im Rohr gebratene Knödel, der dadurch eine dunkle Außenfläche und ein feines Röstaroma zu bieten hat. Besonders im Salzburgischen gibt man für gebratene Knödel auch etwas fein geschabtes Rindfleisch in die Masse. Man muss so einen Knödel übrigens nicht unbedingt in die Suppe tun: In der Pfalz, der kulinarisch ohnehin interessanten Region südlich von Frankfurt am Main, isst man die Leberknödel – dort „Läwwerknepp“ genannt – durchaus auch trocken mit Sauerkraut und Erdäpfelpüree. Auch Mozart soll seine Leberknödel gerne mit Sauerkraut gegessen haben, heute ist diese Servierform in Österreich allerdings eher in Vergessenheit geraten. Nur im Mühlviertel hielt sich ein ähnliches Gericht, der Leberschädel. Dabei wird die Masse wie für den Leberknödel zubereitet, in Schweinsnetz eingeschlagen und dann im Rohr gegart. Dazu reicht man warmen Krautsalat oder Erdäpfelsalat.
Für die Verkostung wurden die Knödel auch ohne Suppe serviert. Um den Eigengeschmack nicht zu verfälschen und späteren Startnummern keinen „Suppenvorteil“ zu verschaffen, wurden die Exponate bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit eine Viertelstunde im Dampfgarer erhitzt. Eine Gemüsesuppe gab es optional extra aus der Tasse, zudem wurde wie gewohnt mit Wasser und Weißbrot neutralisiert.
Premiere: fünf erste Plätze
Die Resultate waren außergewöhnlich erfreulich: Gleich fünf Produkte wurden nach dem umgekehrten Schulnotensystem, bei dem 5 die Bestnote darstellt, mit 4,8 Punkten bewertet und teilen sich damit den ersten Platz. So ein Gedränge auf dem Stockerl hat es noch bei keiner Verkostung gegeben. Die so ausgezeichneten Leberknödel reichten von mild bis würzig, gemeinsam hatten sie aber alle eine schön flaumige Konsistenz. Die burgenländischen Vertreter von Andreas Palatin aus Nikitsch zeigten sich hell und locker mit optimalem Lebergeschmack und harmonischer Würzung. Die Knödel von Johann Schreiber aus Wien zeigten sichtbare Semmelstückchen und einen würzigen Einklang von Leber, Zwiebel und Senfkörnern. Die Kandidaten von Christian Hausenberger aus dem niederösterreichischen Vösendorf präsentierten sich locker, aber gut strukturiert im Biss mit feinem Leberaroma und zwiebelbetonter Würze. Die steirischen Knöderl vom Messner in Stainz wiederum überzeugten durch duftig-lockeres Auftreten mit kräftigerer, majoranbetonter Würze. Die Wiener Leberbällchen von Radatz schließlich glänzten mit ausgesprochen milder Würz-Harmonie bei fein strukturiertem Biss.
Auch die anderen Knödel in den Top 12 blieben deutlich über der Durchschnittsnote 3, sodass man den heimischen Knödeln eine durchgehend hohe Qualität zugestehen kann. Am hinteren Ende des Feldes waren zumeist einfallslose oder zu kräftige Würznoten für Punkteabzüge verantwortlich, selten auch ein suboptimaler Lebergeschmack, der ins Bittere kippte. Insgesamt aber steht dem Knödelvergnügen somit nichts im Weg, wenn man einmal keine Lust hat, die kleinen Köstlichkeiten selbst zusammenzurollen.
Die Top-5 Leberknödel
#1 Andreas Palatin, Nikitsch, Burgenland
4,8 Punkte
Heller Schnitt, schön grob semmelige Textur, flauschiger Biss, saftig, sehr ausgeprägter guter Lebergeschmack optimal in die Würze eingebunden.
#1 Radatz, Wien
4,8 Punkte
Optisch ansprechend, lockere Konsistenz, heterogene Optik mit sichtbaren Semmelteilen, gute Lebercharakteristik, sanft gewürzt.
#1 Messner, Stainz, Steiermark
4,8 Punkte
Gute Körnung, angenehme Textur mit Semmelstückchen, sortentypisch lebrig mit viel Majoran und Zwiebel, leicht pfeffrig, langer, intensiver Abgang.
#1 Johann Schreiber, Wien
4,8 Punkte
Feine Textur, flaumig lockerer Biss, guter Lebergeschmack, würzige Harmonie mit Zwiebel, Senfkörnern und Salz, harmonischer Abgang.
#1 Christian Hausenberger, Vösendorf, Niederösterreich
4,8 Punkte
Schöner Knödel mit merkbarer Struktur, locker bis flauschig, saftig, feine Leberaromatik, zwiebelbasierte Würzung mit sanftem Pfeffer.