Ein Süßer läuft heiß

Ein Artikel von Rainer Heck | 20.01.2015 - 10:25

„Verschenken Sie doch einfach mal Fleisch!“ Allein diese Aufforderung erscheint schon ein wenig außergewöhnlich. Noch dazu, wenn sie von einem Konditormeister ausgesprochen wird. Denn dann muss schon mehr als ein Werbe-Gag dahinter stecken. Bei Michael Hohoff ist das mit Sicherheit auch der Fall. Der ideenreiche Unternehmer aus Waltrop in Westfalen startete vor fast zwei Jahren seinen jüngsten Coup, nachdem er bereits mit dem „Snice“-Konzept rund um cremiges Eis Furore machte. Diesmal schaltete der findige Feinschmecker von eiskalt auf ultraheiß um: Der NameHohoffs 800° darf kulinarisch wörtlich genommen werden.

Große Hitze für rohe Stücke

14195955084493.jpg

© Hohoff

In dem Restaurant dreht sich fast alles um nichts als um einen Ofen, der seine Temperatur von 800° Celsius an zarte, rohe Fleischstücke weitergibt und auf diese Weise so veredelt, dass Gourmets und Fleischliebhaber weite Wege nicht scheuen, um in den Genuss des heißen Prozesses zu kommen. Bei dem rund um das Rindfleisch gemachten Aufwand geht es daher auch nicht um einfache Bratenstücke, sondern um gut geschnittene und optimal gereifte Portionen ausgewählter Fleischsorten aus dem Edel-Sortiment.

Was Michael und Stefanie Hohoff gemeinsam mit Restaurantleiter Tom Illes und Küchenchef Jan Kulpinski auftischen, spiegelt die Oberliga von Spitzen-Beef aus drei Kontinenten wider. Die Wahl wird dem Gast gelassen, sowohl wenn es um den Zuschnitt als auch um das Gewicht geht – und die ist nicht leicht, auch wenn sich die Speisekarte mit einer Doppelseite begnügt. Angeboten wird beispielsweise trocken gereiftes irisches Rindfleisch von Donald Russel, das die Speisekarte mit „leicht marmoriert mit mineralischer Note und sehr fein im Geschmack“ beschreibt. Angeboten werden Rib-Eye Steaks mit klassischem Fettauge oder das gewohnte Rumpsteak für Traditionalisten. Garantiert ohne Hormonzusatz gefütterte Rinder von den Weiden in Nebraska liefern das US-Beef für Hohoff.

Dem Geschmack des Fleisches ist es anzumerken, dass die Rinder mindestens 150 Tage mit Mais gefüttert wurden. Die ausgeprägte Marmorierung des Fleisches und das saftige Rot charakterisieren den Geschmack. Eine Legende unter den Top-Qualitäten ist ebenfalls auf der Karte zu finden. Wagyu-Beef – nach der japanischen Herkunftsregion auch Kobe-Beef genannt – stammt zwar nicht aus Japan, ist aber dennoch mit dem Klassiker der Gourmetküche zu vergleichen. Die australischen Wagyu- Rinder werden 450 Tage lang ohne jegliche Futterzusätze oder Hormone freilaufend gehalten, bevor sie den Weg in den Schlachthof und anschließend sorgsam gastronomiegerecht verpackt nach Europa antreten. Was einen derart hohen Aufwand erhält, sollte auch optimal zubereitet werden, lautet das Credo des Chefs. Eine Auffassung, die er gern seinen Gästen höchstpersönlich vermittelt.

Kirchenumbau

14195955006568.jpg

© Rainer Heck

Wer am Tisch Platz genommen hat, kann zunächst einmal die Atmosphäre des Hauses genießen. Die westfälische Interpretation des klassischen amerikanischen Steakhauses findet in einem Kirchenanbau statt, der genauso gut auch im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten stehen könnte.
Dieser Eindruck kommt nicht von ungefähr, Vorbild für den Bau waren amerikanische Farmerhäuser, wie es sie auch heute noch in den ländlichen Gebieten gibt. Die dunkelrote Fassade aus echtem kanadischen Holz trägt zu einem robusten und rustikalen Charakter bei, der so richtig zum Steakhaus passt. Dieser setzt sich im Inneren des Gastraumes fort und verbreitet hier eine sehr urige Gemütlichkeit.

Der Gast hat das Gefühl, in einem Wohnzimmer mit einer langen Tafel zu sitzen. Fußboden und Tische wurden aus Holz gefertigt, das zuvor in einem 300 Jahre alten belgischen Bauernhof das Wohnzimmer bildete. Lederbezogene, handgefertigte Stühle aus den USA bringen eine gute Portion Bequemlichkeit in den Speiseraum. Eine Panorama-Glasscheibe bildet die Verbindung zwischen Gastraum und Küche, sorgt für Transparenz und regt zur Unterhaltung über kulinarische Themen an.

Im Mittelpunkt der Küche steht der spezielle Ofen, dem das Unternehmen seinen Namen verdankt. Er wurde in den USA eigens für die Steakzubereitung entwickelt und von dort importiert und auf deutsche Stromspannungen umgebaut. Dieser Ofen der Marke „Southbend“ ist in der Lage, sich innerhalb kürzester Zeit auf 880° C aufzuheizen. Michael Hohoff: „Ich habe dieses Verfahren in New York kennengelernt und war sofort von den Resultaten des Gerätes begeistert.“ So sehr eben, dass er ein eigenes Gastronomiekonzept daraus entwickelte.

Blitzartiges Karamellisieren

14195955119952.jpg

© Rainer Heck

In dem eigens für Steaks gebauten Ofen karamellisiert die Oberfläche des Fleisches fast augenblicklich, sobald die Hitzewirkung einsetzt. Eine schöne knusprige Kruste entsteht, während das Fleisch mit seinem intramuskulären Fett im Inneren des Steaks binnen weniger Minuten seinen optimalen Garzustand bekommt. Die Gäste werden ausdrücklich bei der Bestellung gefragt, wie sie ihr Fleisch bevorzugen: „Rare“, „Medium“ und – wenn es sein muss – auch durchgebraten kommt es punktgenau temperiert auf den Tisch.


Diese Perfektion wird sehr ernst genommen und gilt als erfolgsrelevant. „Wenn nicht angegeben ist, welcher Garungsgrad von welchem Gast bevorzugt wird, kann die Bestellung nicht auf den notwendigen Bon für die Küche ausgedruckt werden“, erläutert Michael Hohoff. Serviert wird die Fleischportion mit ein wenig geklärter Butter, Meersalz und Pfeffer. Wer mag, kann auch Saucen dazu bestellen. Nicht irgendwelche, versteht sich. Denn diese werden am Tisch für den Gast zubereitet und mit Gewürzen individuell abgeschmeckt. Insgesamt stehen 36 Plätze zur Verfügung, im Sommer kommen 100 Außenplätze dazu. Zehn Mitarbeiter kümmern sich um die Gäste, vier davon sind in der Küche aktiv.

Dass auch das Dessert nicht übersehen wird, ist für den Konditormeister eine Selbstverständlichkeit. Dieses wird von ihm selbst in der Konditorei in Waltrop hergestellt und reizt zum Probieren. Ob New York Cheese Cake mit fruchtiger Beerensoße, Schwarzwälder Kirsch als Klassiker der deutschen Küche oder gesalzene Erdnuss-Karamellcreme: „Die Gäste erwarten von einem Konditormeister schließlich, dass die Desserts ein echtes Erlebnis sind“, so der Chef. Auch wenn die kulinarische Bühne an diesem Ort ganz klar nicht dem süßen, sondern dem herzhaft-fleischlichen Genuss gehört.

Kontakt

Hohoffs 800°
Deusener Straße 215, 44369 Dortmund-Deusen,
Tel.: 0049 /231/92 69 96 05, www.HOHOFFS.de