Thailand Wein

Ein Artikel von Oliver Gruen | 23.04.2014 - 22:59

Die Bevölkerung in Südostasien lebt meist auf dem Lande und ist in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt. Reis, Gemüse, Bananen, Ananas, Hühner und Schweine bestimmen nicht nur die betriebliche Ausrichtung, sondern auch den Speiseplan. An den Küsten geht der Fischfang langsam zurück, nur größere Fangflotten mit hochseetauglichen Schiffen oder Fischfarmen rechnen noch mit Zuwachsraten. Im Landesinneren werden Eukalyptus- und Teakhölzer angebaut.

Dass man in Thailand, Kambodscha, Vietnam,Laos, Myanmar oder Bali Wein anbauen und keltern kann, ist eine sehr junge Erkenntnis. Seit rund 20 Jahren hat sich in diesen sechs Staaten eine überschaubare Gruppe an Weinmachern etabliert, die ihren Lebenstraum verwirklichen: “It all started with a dream!“, sagt Khun Visooth Lohitnavy, Thailands Weinpionier. Mittlerweile spricht man von New Latitude Wines: von Weinen aus dem neuen Breitengrad.

Weinbau

13978181626651.jpg

Nikki und Khun Visooth im Barrique-Keller in Gran Monte © Oliver Grün

Dass rund um den 13. Breitengrad ernstzunehmender Weinbau betrieben werden kann, hat man in der Ersten Welt lange bezweifelt. „Richtiger Wein“ könne nur zwischen dem 30. und 50. Breitengrad wachsen. Mittlerweile vergibt allerdings Robert Parker, der weltberühmteste Verkoster, thailändischen Weinen bis zu 87 Punkte, vier thailändische Weine haben es im australischen „Wine Selector Magazine“ unter die Top 12 der besten asiatischen Weine geschafft.

Knapp 20 Weingüter produzieren in Thailand auf 400 ha eine halbe Million Flaschen (genaue Zahlen liegen nicht vor, manche Produzenten ernten nur alle zwei Jahre, manche halten ihre Informationen auch aus steuerlichen Gründen zurück). Erntezeit ist in der Regel zwischen Februar und April. Aufgrund des tropischen Klimas ist es manchen Weinmachern gelungen, drei Mal im Jahr zu ernten! Diese Rebstöcke sterben jedoch nach zehn solchen Jahren den Erschöpfungstod. Ein Vorzeigebetrieb ist „Gran Monte Winery“ im Asoke Valley direkt am „Khao Yai“-Nationalpark, keine zwei Autostunden nördlich von Bangkok. Umgeben von hoch aufragenden Kalkfelsen, zwischen Palmen gelegen, hat sich Khun Visooth Lohitnavy hier sein Weingut mit ebenerdiger Kellerei gebaut.

Khun Visooth hat in Deutschland studiert und in der Automobil-Industrie gearbeitet, sein Deutsch ist etwas eingerostet. „Als Student habe ich kein Bier getrunken, sondern auch schon Wein, damals habe ich mir gesagt, eines Tages machst du das zu Hause in Thailand auch. Also musste ich mein eigenes Weingut gründen!“, sagt er und lächelt verschmitzt. Alle Weingüter in Thailand begannen vor rund 20 Jahren als kleine Familienoperation mit Önologen aus Frankreich, Australien, Deutschland oder den USA, heute hat eine jüngere Generation das Ruder übernommen. Viele von ihnen haben außerhalb von Thailand Önologie studiert.

Weingüter

13978185220959.jpg

Laubarbeit erfolgt wegen des raschen Wachstums während des gesamten Jahres © Oliver Grün

In den 20 Jahren seines Schaffens in Gran Monte hat Khun Visooth alle Höhen und Tiefen eines Winzerlebens durchgemacht. Selbststudium und Weinreisen (in Österreich beispielsweise Wachau und Weinviertel) haben seine Begeisterung nicht geschmälert, er hat seinen Traum wider besserwisserische Neider gelebt und baut heute auf 40 ha eine Vielzahl internationaler Sorten an, u. a. Chenin blanc, Viognier, Shiraz, Tempranillo, Colombard oder Cabernet Sauvignon. Regelmäßig nimmt das Weingut an internationalen Verkostungen und Wettbewerben teil und hat in Großbritannien oder Frankreich eine Vielzahl an Medaillen gewonnen. Der Gran Monte 2009 Spring Chenin blanc gewann eine Silbermedaille bei der AWC Vienna International Wine Challenge 2009. Die Urkunde hat einen Ehrenplatz im Verkostungsraum „Montino“.

Aus dem operativen Geschäft des Weinmachens hat sich Khun Visooth noch nicht ganz zurückgezogen, seine Funktion als Präsident der „Thai Wine Association“ hat er zurückgelegt. Er kümmert sich um Verkauf und Marketing. „Winemaker“ ist Tochter Nikki, die an einer Weinbauschule in Adelaide in Australien Önologie abgeschlossen und so wie alle Jungwinzer internationale Praktika absolviert hat. Shiraz im kleinen Holzfass und der fruchtige Chenin blanc sind ihre erklärten Lieblinge. 

Ins Gran Monte Estate kommen Weinreisende aus der gesamten Welt, allerdings vermehrt auch Thai, die der Ruf des Exotischen herlockt. Das Restaurant „Vincotto“ mit mexikanischem Chefkoch hat eine internationale Speisekarte; Coq au Vin, Garnelensalat oder Lammkoteletts haben Haubenniveau und europäische Preise. Das Gästehaus liegt direkt in den Weingärten, die Zimmer sind modern und gepflegt, die Sonne geht vor dem Balkon hinter dem großen Kalkfelsen auf. Die gesamte Gran-Monte-Anlage aus Restaurant, Verkostungsraum, Keller und Gästehaus ist mitten in den Rieden gelegen und zu Fuß erreicht man alle Stationen innerhalb weniger Minuten. Eine Autostunde entfernt, ebenfalls am Nationalpark, liegt das Weingut Alcidini. Hier wird nur Rotwein aus Shiraz / Syrah and Muscat Blue produziert. Khun Toni, der Jungwinzer, hat in San Francisco studiert und dort als Photograph gearbeitet. Er hat in Kalifornien seine Liebe zum Weinmachen entdeckt und produziert seit 2001 Wein, heute bewirtschaftet die Familie 16 ha. Die Reben stehen auf in den Kalkfelsen angelegten Terrassen. Als einziges Weingut in Thailand verwendet Toni das „Lyre Trellising System“, ein Gestell, das den Wuchs der Rebeführt, sodass die Sonneneinstrahlung maximiert werden kann. Neben dem Haus wachsen verschiedene Avocado-Sorten, sie lieben das tropische Klima.

Eine weitere Autostunde entfernt erreicht man Village Farm, einen Gebäudekomplex aus Steinen und Holz, eine Fusion aus französischer Architektur und Neuer Welt, mit inkludiertem Restaurant und Gästehaus. Die Umgebung ist typisch Thai, also überall Palmen, Teak- und Eukalyptusbäume, die die Rieden säumen. Die Weingärten auf Terra-Rossa-Böden bewacht Buddha, was strenggläubigen Thai nicht gefällt. Khun Noo, die Betreiberin, ist fest überzeugt, dass es Buddha nicht stört, auf ihre Gewächse aufzupassen. Im Schrein findet man viele kleine Behältnisse, die täglich mit Wasser befüllt werden. „Buddha hat auch Durst!“
Winzerin ist sie geworden, weil: „Ich liebe es, Wein zu trinken, also produzieren wir unseren eigenen!“ Ihre Weine tragen den Markennamen „Château des Brumes“, Schloss der Nebel, eine Anspielung auf die allmorgendliche Stimmung. Einen Wein-Vergnügungspark findet man bei Silverlake, einem Anwesen 130 km südlich von Bangkok. Direkt am Silbersee gelegen, bietet das Anwesen in einer Blickrichtung eine holländische Windmühle und auf der anderen Seite einen toskanischen Gebäudekomplex. Eigentümerin ist Khun Supansa Nuangphirom, ein thailändischer Filmstar, die ihr Bedürfnis, ein eigenes Weingut zu besitzen, in den USA entwickelt hat. Produziert wird mehr Traubensaft als Wein, Letzterer ist für Thai-Touristen kaum erschwinglich. Das sehr französische Restaurant hat eine gehobene Karte mit moderaten Preisen, die Touren durch die Rieden erfolgen zu Fuß, auf dem Pferd oder in der Kutsche. Zurzeit entsteht eine moderne Kelleranlage, die alle Stückerln spielen soll und bei der interessierten Besuchern das Wesen des Weinmachens näher gebracht werden soll.

Hohe Steuern

13978181395630.jpg

© Oliver Grün

Die Asiaten trinken Bier und Spirituosen und in der Regel keinen Wein. Das hat mehrere Ursachen: Praktizierenden Moslems und Buddhisten ist Letzterer aus konfessionellen Gründen untersagt, er hat keine gewachsene Tradition in den Tropen und er ist in z. B. Thailand hoch besteuert. So werden auf die Produktionskosten 400 % aufgeschlagen, die an das Finanzministerium zu entrichten sind. Bei drei Euro kommen also zwölf dazu, macht € 15,–pro Flasche Entstehungskosten. Für einen durchschnittlichen Thai ist das unerschwinglich, das Durchschnittseinkommen liegt bei 5.000 Baht, das sind € 125,–. Wobei ein hohes Gefälle zwischen Stadt und Land besteht.

Unter der Hand erfährt man immer wieder, dass Bier und Spirituosenproduzenten politisch gut vernetzt sind und danach trachten sollen, wenn auch nur geringe Marktanteile der Weinproduzenten zu verhindern. Auch wenn die Weinmacherin der Regel aus äußerst erfolgreichen Branchen stammen und auch verstehen, Lobbying zu betreiben, so sind sie doch zu wenige. Dies ist für Thailand ein großer Wettbewerbsnachteil in der Region, denn in anderen Staaten wie Vietnam oder Bali hat man das große touristische Potenzial von Weingütern erkannt und diese zum Teil in staatliche Tourismuskonzepte aufgenommen.

Dazu kommt noch, dass die Entstehungskosten bei Importweinen von den Importeuren oftmals wahrheitswidrig viel zu tief angegeben werden, um die Verkaufspreise in Thailand möglichst niedrig zu halten. So findet man beispielsweise europäischen, amerikanischen oder australischen Wein um knappe € 10,– in den gut sortierten Supermärkten, asiatische Flaschen – man findet sie nur in einzelnen Vinotheken in den großen Metropolen – nicht unter € 16,–. Der Absatz in Supermärkten und zunehmend in Restaurants ist trotzdem groß, begüterte Asiaten und bei internationalen Organisationen arbeitende Ausländer (Expats) gibt es viele und Wein ist für diese Zielgruppe ein elegantes, edles und exklusives Vergnügen.

Food & Wine

Auf den Speisekarten der großen Restaurants in Bangkok findet man so gut wie keine asiatischen Weine. Die in der Regel internationalen Sommeliers vertrauen auf alteingesessene Marken aus Australien, Chile, Frankreich oder den USA, durch die hohe Besteuerung ohnehin schon ein kostspieliges Vergnügen. Die Praxis, Wein und Speisen miteinander zu vermählen, ist bei Thai-Food schwierig. Da in der Regel die Gerichte zu lauten Zutaten wie Chili, Fischsauce und Limettensaft tendieren, können sich Weine daneben nur schwer durchsetzen. Erste Selbstversuche des Autors ergaben jedoch, dass man Chenin blanc und Viognier zu leichten Versionen der Fischsuppe Tom Yum reichen kann, zu gedämpften Teigtaschen oder Mangosalat mit Garnelen. Entscheidend ist die Dosierung der Säure in den Speisen, um dem Wein dazu eine Chance zu geben.

wein.pur Tipp

Der „Khao Yai“-Nationalpark, der erste Nationalpark Thailands, steht auf der Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit der UNESCO. Trocken-, Regen- und Bergwälder bestimmen die Flora. Um den Park gruppieren sich vier Weingüter. Weinverkostung, Abendessen und Übernachtung in Gran Montes fabulösem Gästehaus (mit schnellerem WLAN als in fast ganz Bangkok), Besichtigung der Rieden und ein Gespräch mit dem Eigentümer. Am Wochenende ist Khun Visooth immer anwesend. Für Verkostungen im Wine-Shop ist keine Voranmeldung nötig, voriger E-Mail-Kontakt wird empfohlen.
www.thailand-wine-tours.com
www.karobathai.ch/Wein.html
www.tourismusthailand.at

Thailand.pur

Oliver Gruen war für wein.pur vor Ort und hat auf seiner Reise direkt beiden vorgestellten Weingütern verkostet.

Die Verkostungsergebnisse finden Sie in unserer Datenbank