Südtirols autochthone Kostbarkeiten

Ein Artikel von Karin Vratny | 26.02.2021 - 10:04
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Rund um den berühmten Kalterer See befinden sich einige der besten Weinrieden Südtirols. © Clemens Zahn

Das nördlichste Weinanbaugebiet Italiens hat mit seinen etwa 5.300 Hektar Rebfläche prozentuell gesehen den höchsten Anteil an Qualitätsweinen im Land. Unter Südtirol, auf Italienisch Alto Adige genannt, versteht man weinbaumäßig betrachtet die autonome Provinz Bozen innerhalb der Region Trentino-Südtirol. In 52 Gemeinden, verteilt auf ungefähr 5.000 Einzelbetriebe, wird hier der Weinbau gewerbsmäßig betrieben, hauptsächlich an den Hängen des Eisacktals und des Etschtals. Ein Großteil des Weinmarktes liegt in den Händen von zwölf sehr ambitionierten Kellereigenossenschaften, die über 70 Prozent der Weinproduktion Südtirols abdecken. Bestens organisiert sind auch „Die Weingüter Südtirol“, ein Zusammenschluss von 33 historischen Anwesen und privaten Weinkellereien, die mit Herz und Überzeugung hinter ihrer Weinproduktion stehen. Überaus erwähnenswert ist auch die Vereinigung „Freie Weinbauern Südtirol“, die in erster Linie aus Familienbetrieben besteht und deren wesentliche Merkmale Individualität, Qualität und Eigenständigkeit sind, das bedeutet, dass der gesamte Produktionsablauf, von der Rebe bis ins Glas, authentisch gestaltet wird.

Die jährliche Weinproduktion Südtirols liegt insgesamt bei etwa 350.000 Hektolitern, wovon 62 Prozent auf Weißwein und 38 Prozent auf Rotwein entfallen.

Rote Besonderheiten ...

Besonderes Augenmerk erhalten die beiden roten autochthonen Rebsorten Vernatsch und Lagrein, die die Winzer mit Stolz erfüllen, denn sie bringen gebietstypische, unverwechselbare Tropfen hervor.

Aus der Vernatschtraube, hier auch Schiava, in Deutschland Trollinger genannt, werden fruchtige, sehr hellrote Weine mit weichen Tanninen, einer saftigen Säure­struktur und Aromen nach Mandeln, roten Früchten, Blüten und herbstlich anmutendem Duft gekeltert. Saftig und rund präsentiert sich dieser Wein, der Lebenslust mit purem Genuss verbindet. Schon im 16. Jahrhundert spielte der Vernatsch eine zentrale Rolle im Südtiroler Weinbau. Heute wird durch Ertragsreduktion und strenge Selektion ein sehr bekömmlicher und zu vielen Gelegenheiten beliebter Wein gekeltert. Die Sorte bevorzugt Schwemm- oder Schotterböden mit geringem Sandanteil und ist die meistangebaute rote Rebsorte der Region. Durch seinen relativ geringen Alkoholanteil kann der Vernatsch schon jung getrunken werden, meist im Jahr nach der Lese, am besten etwas gekühlt serviert. Als vielseitiger Speisenbegleiter beliebt, serviert man dazu Hausmannskost, Pizza, Antipasti, helles Fleisch, aber auch die gerösteten Edelkastanien der Region eignen sich besonders in der kalten Jahreszeit dazu hervorragend.

Die zweite rote autochthone Besonderheit dieser herrlichen Landschaft ist die Rebsorte Lagrein. Eine Traube, die tiefschwarze Weine mit vielfältigem Aromenspektrum hervorbringt und am Gaumen eine unglaubliche Eleganz entwickeln kann. „Dunkel“ wird er liebevoll genannt und gehört neben Vernatsch und Blauburgunder zu Südtirols Leitsorten. Charaktervoll erhebt sich der Wein in ungeahnte Höhen. Schwarz wie die Nacht mit dunkelvioletten Rändern, in der Nase intensiv und eindringlich mit Schokoladearomen, dunkler Beerenfrucht und ätherischen Anklängen, staunt dann so mancher Weinliebhaber über das samtige, leicht würzig-fruchtige Mundgefühl, elegant, mit seidigem Tannin und zartem, oft sogar blütigem Ausklang. Durch den Ausbau in kleinen Eichenholzfässern erlangt der Wein zusätzlich Charme und Struktur, auch das Potenzial dieser dunklen Weine sollte man nicht unterschätzen. Bei etwa 14 bis 16 Grad serviert, eignet sich Lagrein hervorragend zu herbstlichen Wildgerichten. Die Rebsorte liebt die heißen, tiefgründigen Böden des südlichen Südtirols, wo das Terroir mit dem Wein eins wird.

... und spezielle Rosés

Die Rosé-Variante, „Lagrein Kretzer“ genannt, zeigt sich in sehr erfreulichen, frisch-fruchtigen Weinen, die mit viel Saftigkeit den Gaumen verwöhnen. Die Bezeichnung Kretzer wird in Südtirol allgemein für einen hellen Roséwein verwendet. Früher wurde der frischgepresste Most durch einen als Krätze oder Kretze bezeichneten geflochtenen Seihkorb abgeseiht, heute wird oft das sogenannte Saignée-Verfahren angewandt. „Saignée“ bedeutet wortwörtlich „Aderlass“ – man lässt den gärenden Most auf der Maische einige Stunden bis Tage „zur Ader“, das heißt, es werden ohne Pressung bis zu 20 Prozent Flüssigkeit abgezogen, die dann weiter zu Roséwein vergoren werden. Die daraus resultierenden leuchtenden und duftig-fruchtigen Weine eignen sich bestens zu jeglicher Art von Jause, der Marende, wie sie in Südtirol genannt wird, sind aber auch solo eine erfreuliche Abwechslung des Weingenusses.

Mögen die Verkostungsnotizen Lust auf Südtirols rote Weinwelt machen, die eine oder andere Überraschung wird garantiert dabei sein. Viel Freude beim Lesen und noch mehr beim Genießen!

GENUSS.Download Verkostungsergebnisse Vernatsch Lagrein

Die GENUSS.Trophysieger

LAGREIN TROCKEN | Weingut Rottensteiner, Bozen
93 P. | 2017 Lagrein Südtirol DOC Gries Riserva Select | € 23,50

VERNATSCH TROCKEN | Kellerei Bozen, Bozen
92 P. | 2019 St. Magdalener DOC Classico Huck am Bach | € 11,10

LAGREIN KRETZER | Kellerei Tramin, Tramin
91 P. | 2019 Lagrein Südtirol DOC Rosé | € 9,60

Die GENUSS.Kostjury

Verkostungsleiterin: Karin Vratny, Diplom Sommelière
VerkosterInnen: Johannes Fiala, Weinakademiker, Birgit Kowarik, Weinakademikerin

Hier finden Sie alle Informationen & Details zu unserem Verkostungs- und Bewertungssystem.