Faktencheck

Kaffee – Genussmittel mit gesundheitlichem Mehrwert?

Ein Artikel von Gerald Stiptschitsch | 23.08.2025 - 07:50
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© PeopleImages.com - Yuri A/Shutterstock.

Kaffee gehört zu den beliebtesten Getränken der Welt – allein in Österreich trinkt jeder im Schnitt rund drei Tassen täglich. Für viele ist er nicht nur ein morgendliches Ritual, sondern auch ein Moment der Entschleunigung und des Genusses. Doch trotz seiner Beliebtheit ist Kaffee immer wieder Gegenstand kontroverser Diskussionen. Ist er nun schädlich für die Gesundheit oder nicht? Ein Blick in die Geschichte und die aktuelle Forschung hilft, den Kaffeemythen auf den Grund zu gehen.

Die Geschichte des Kaffees beginnt vermutlich im 9. Jahrhundert in Äthiopien, wo die anregende Wirkung der Kaffeekirschen zunächst von Hirten beobachtet wurde. Über arabische Handelswege gelangte die Pflanze nach Jemen und wurde dort kultiviert. Im 16. Jahrhundert verbreitete sich der Kaffee über das Osmanische Reich nach Europa, wo er zunächst skeptisch beäugt, bald aber in den Kaffeehäusern von Wien bis London als „Türkentrank“ gefeiert wurde. Inzwischen ist Kaffee aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken – doch wie steht es um seine gesundheitliche Wirkung?

Kaffee und Herzgesundheit

Früher galt Kaffee wegen seines Koffeingehalts als potenziell gefährlich für das Herz. Heute zeigen große Langzeitstudien ein differenzierteres Bild. Ein moderater Kaffeekonsum – das heißt zwei bis vier Tassen täglich – wird mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Sogar die Gefahr für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall scheint durch regelmäßigen, maßvollen Kaffeegenuss leicht gesenkt zu werden. Verantwortlich dafür sind nicht nur das Koffein, sondern auch Antioxidantien und andere bioaktive Pflanzenstoffe, die im Kaffee enthalten sind.

Wichtig ist dabei die individuelle Reaktion auf Koffein: Menschen, die empfindlich darauf reagieren, sollten ihren Konsum entsprechend anpassen. Auch bei sehr hohem Blutdruck ist Vorsicht geboten. Dennoch widerlegen die aktuellen Erkenntnisse die früheren Warnungen gegen Kaffee als „Herzgefährder“.

Kaffeegenuss und Krebsrisiko

Auch im Zusammenhang mit Krebserkrankungen geriet Kaffee lange Zeit unter Verdacht. Inzwischen hat sich diese Sicht deutlich gewandelt. Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC), eine Unterorganisation der WHO, stufte Kaffee im Jahr 2016 nicht mehr als „möglicherweise krebserregend“ ein – im Gegenteil: Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass regelmäßiger Kaffeekonsum das Risiko für bestimmte Krebsarten senken kann. Besonders gut untersucht sind Leberkrebs und Darmkrebs, aber auch bei Endometriumkarzinomen (Gebärmutterschleimhautkrebs) zeigen sich positive Zusammenhänge.

Die genauen Wirkmechanismen sind noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird, dass die im Kaffee enthaltenen Polyphenole entzündungshemmend und zellschützend wirken. Auch die Anregung des Gallenflusses und des Stoffwechsels könnte einen positiven Beitrag leisten.

Die Leber liebt Kaffee

Eine der deutlichsten gesundheitsfördernden Wirkungen zeigt Kaffee im Bereich der Lebergesundheit. Zahlreiche Studien belegen, dass Kaffeetrinken das Risiko für Lebererkrankungen wie die nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD), Leberzirrhose und Leberkrebs senkt. Besonders bemerkenswert: Dieser Effekt scheint auch dann zu greifen, wenn bereits eine Leberschädigung vorliegt – etwa durch chronischen Alkoholkonsum.

Wer regelmäßig Kaffee trinkt (unabhängig davon, ob mit oder ohne Koffein), hat laut Studien ein bis zu 70 Prozent geringeres Risiko, an Leberzirrhose zu erkranken. Auch auf Leberwerte wie Gamma-GT oder ALT hat Kaffee nachweislich eine günstige Wirkung. Dabei ist es nicht das Koffein allein, das die Leber schützt, sondern die Vielzahl an sekundären Pflanzenstoffen, die eine antioxidative und entzündungshemmende Wirkung entfalten.

Nebenwirkungen und Grenzen

Trotz vieler positiver Effekte ist Kaffee kein Wundermittel. Zu hoher Kaffeekonsum – also deutlich über fünf Tassen täglich – kann bei manchen Menschen zu Schlafstörungen, Nervosität, Herzrasen oder Magenbeschwerden führen. Auch auf den Magen-Darm-Trakt wirkt Kaffee bei empfindlichen Personen manchmal reizend, insbesondere auf nüchternen Magen. Hier helfen magenfreundlichere Röstungen oder Filterkaffee mit geringem Säuregehalt.

Schwangere sollten ihren Koffeinkonsum begrenzen – die WHO empfiehlt nicht mehr als 200 Milligramm Koffein pro Tag, was etwa zwei Tassen Kaffee entspricht. Für gesunde Erwachsene gilt hingegen: Wer Kaffee gut verträgt, darf ihn mit gutem Gewissen genießen.

Fazit: Genuss mit gesundem Potenzial

Kaffee hat den Ruf als gesundheitsschädliches Genussmittel zu Unrecht. Im Gegenteil: Die wissenschaftliche Evidenz spricht heute für eine Vielzahl an positiven Effekten – insbesondere auf Herz, Leber und im Bereich der Krebsprävention. Voraussetzung ist ein moderater, regelmäßiger Konsum und das Bewusstsein für die eigene Verträglichkeit.

Und nicht zuletzt: Kaffee ist mehr als die Summe seiner Inhaltsstoffe. Er ist ein soziales Ritual, ein Moment der Achtsamkeit, eine Einladung zum Innehalten – und damit ein wunderbarer Begleiter im Alltag, nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für das seelische Wohlbefinden.