Pestizide in europäischen Weinen

Ein Artikel von Denise Wachschütz | 20.05.2025 - 08:04
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In einer Analyse von insgesamt zehn historischen und 39 aktuellen Weinen aus zehn europäischen Ländern fand sich in jeder der neueren Proben TFA – mit einer Median‑Konzentration von 110 µg/l und Spitzenwerten bis zu 320 µg/l. Damit liegen die gemessenen Konzentrationen etwa hundertfach über den bereits hohen Durchschnittswerten aus Oberflächen‑ und Trinkwasser. In den Weinen, deren Trauben vor 1988 gelesen wurden, war hingegen kein TFA nachweisbar. Einen deutlichen Anstieg der Belastung beobachten die Autoren seit 2010.

Zeitgleich untersuchten die Forscher die Pestizid‑Rückstände: 94 % der konventionellen Weine enthielten Spuren von bis zu acht verschiedenen Pestiziden oder deren Abbauprodukten. Insgesamt ließen sich 18 unterschiedliche Wirkstoffe feststellen, darunter die PFAS‑Fungizide Fluopyram und Fluopicolide. Vier von fünf Bio‑Weinen wiesen keine Pestizidreste auf – TFA war jedoch in allen Proben nachweisbar. Auffällig: In Weinflaschen mit hohen TFA‑Gehalten (durchschnittlich 176 µg/l) fanden sich im Mittel doppelt so viele Pestizidrückstände wie in Proben aus der unteren Hälfte (58 µg/l).

Helmut Burtscher‑Schaden von GLOBAL 2000, Initiator der Studie, bezeichnet die Ergebnisse als „doppelt alarmierend“: Die hohen Konzentrationen zeigten eine massive Bioakkumulation von TFA in Pflanzen, die unseren täglichen Speiseplan erreicht habe. Zugleich sei der steile Anstieg seit 2010 besorgniserregend. Er fordert „sofortige Maßnahmen, um weitere TFA‑Emissionen zu unterbinden“.

Michael Müller, Pharma‑Chemie‑Professor an der Universität Freiburg, warnt vor der zunehmenden Anreicherung von TFA in pflanzlichen Lebensmitteln und sieht in den Befunden ein „rotes Warnsignal“. Eigene Untersuchungen von Weinen ergaben seit 2020 Werte zwischen 20 und über 300 µg/l TFA. Am niedrigsten lagen die Gehalte in Bioweinen, deren Trauben auf jahrzehntelang chemiefreien Böden wuchsen – ein Hinweis auf PFAS‑Pestizide als mögliche Ursache.

Ein Vergleich mit den offiziellen Daten des EU‑Referenzlabors CVUA Stuttgart aus dem Jahr 2017 bestätigt den Anstieg: Damals lagen die Median‑Konzentrationen in 27 untersuchten Weinen bei 50 µg/l (Maximalwert 120 µg/l). Die neue Studie benennt dagegen einen Median von 110 µg/l und Spitzenwerte von 320 µg/l.

Salome Roynel von PAN Europe sieht die EU nun in der Pflicht: „Substanzen, die TFA in die Umwelt freisetzen, müssen unverzüglich vom Markt genommen werden. Das muss mit einem sofortigen Verbot aller PFAS‑Pestizide – einer direkten und leicht vermeidbaren Quelle der TFA‑Verschmutzung – sowie einem Verbot von F‑Gasen beginnen“. Mitte Mai steht die Abstimmung über das PFAS‑Fungizid Flutolanil an, das ebenfalls TFA‑Vorläufer ist. „Wir hoffen, dass sie erkennen, welches Schicksalsmoment dies für unser Wasser, unsere Lebensmittel und letztlich unsere Gesundheit ist, und dem Verbot zustimmen.“

Hintergrund:
TFA entsteht als nicht abbaubares Endprodukt beim Zerfall anderer PFAS‑Verbindungen, die in Kühlanlagen oder als Pestizide eingesetzt werden. Laut Umweltbundesamt stammen rund 76 % der TFA‑Belastung von PFAS‑Pestiziden, 17 % von Regenwasser (fluorierte Kühlgase) sowie jeweils 3 % von Kläranlagen und Gülle. Bislang galten TFA-Emissionen als unbedenklich; eine REACH-Studie von 2021 zeigte jedoch schwere Fehlbildungen bei Kaninchenfeten und wirft nun Fragen zur reproduktiven Toxizität beim Menschen auf.

Die Untersuchung wurde in Zusammenarbeit mit PAN‑Europe-Mitgliedsorganisationen und Partnern aus Österreich, Belgien, Kroatien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Italien, Luxemburg, Spanien und Schweden durchgeführt.


Quelle: PAN Europe