1, 2, 3, 4, … Wir heben ab

Ein Artikel von Jens Almer | 03.09.2013 - 22:01
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© Der Biersepp

Andreas Brand ist der erste Biersommelier Österreichs. Zumindest was die neue Ausbildung zum Biersommelier (Mittelstufe), die vom Verband der Brauereien Österreichs initiiert wurde, anbetrifft. Diese Stufe war schon in der 2006 veröffentlichten Verordnung vorgesehen, wurde aber bislang noch nicht angeboten. Biersommelier Brand hat an jenem Musterkurs teilgenommen, der im Frühjahr 2013 in der Bregenzerwälder Brauerei Egg stattgefunden hat.  Ausbildner verschiedener Institute, vom BierKulturHaus über die Mohren Akademie bis hin zur BeerCademy, haben als Vortragende und Prüfer daran teilgenommen, um auf diese Weise gemeinsam die ersten Erfahrungen zu sammeln. Der Braumeister zu Egg heißt Hinrich Hommel. Der gute Mann hat sich bereits vor Jahren um die österreichische Bierausbildung verdient gemacht. Damals braute er noch in Piesting. Am Fuß der Wiener Hausberge war zu Beginn des dritten Jahrtausends die Idee für eine Ausbildung zum Biersommelier geboren worden. Hommel war schon damals ein wesentlicher Motor dieser Entwicklung. Er hat auch gemeinsam mit Thomas Stöger und Andreas Brand (der auch Diplom Braumeisterist) den Ordner  „Bier Wissen“ verfasst. 

Dieses Lehrmittel ist seit Jahren die wichtigste Grundlage der Ausbildung zum Bier-Jungsommelier. Der wird an HBLA’s und Berufsschulen gelehrt, zum Beispiel als Freifach während einer Gastronomie-Ausbildung. Die Ausbildung zum Diplom Biersommelier wird schon seit einigen Jahren von einer Anbietergemeinschaft durchgeführt, die aus der Doemens-Akademie, Gräfelfing bei München und dem BierKulturHaus, Obertrum besteht. Diese Ausbildung ist sehr erfolgreich. Zur Zeit werden vier Kombi- und zwei Split-Kurse angeboten, sie sind für 2013 ganz, für 2014 teilweise ausgebucht. Es gibt auch Kurse in den USA und in Brasilien. Die aktuelle Kursgebühr beträgt 2.750,– Euro plus Umsatzsteuer. Die Anreise und Nächtigungskosten sind nicht inkludiert.

Dritte Schiene

Mehrere Gründe haben die Brauer dazu bewogen, die noch „schlafende“ dritte Schiene zum Leben zu erwecken. Zum ersten wollten einzelne Brauereien eine Biersommelier  Ausbildung selbst anbieten. Zum anderen muss man davon ausgehen, dass nur wenige Servicekräfte aus der Gastronomie zwei Wochen Zeit und die rund 5.000.– Euro (rechnet man Steuern, Hotelkosten, Anreise und Verpflegung mit ein, so kommt man in etwa auf diesen Betrag) aufbringen können oder wollen. Aber wir brauchen eine große Anzahl von bierkompetenten Fachkräften, die direkt am Kunden arbeiten. Denn wir befinden uns mitten in einer, umkehrbaren, Entwicklung. Sie wird dazu beitragen, dass Bier in seinem Image wert gehoben wird. Die großen Biertrends Vielfalt, Food-Pairing und Gourmetbiere (ständig drängen neue Marken und Sorten auf den Markt) werden das ihre dazu beitragen. Also muss auch in der Gastronomie und im Handel ein neues Bierverständnis geschaffen werden. Ergo brauchen wir eine Armada an Biersommelieres ,auch in den „unteren Rängen“.

Kostenfrage

Und das ist nur möglich, wenn sich eine Kellnerin, ein Bierverkäufer den Biersommelier aus eigener Tasche finanzieren können. Wirte halten sich bezüglich der Kostenübernahme in der Höhe von mehreren tausend Euro eher zurück, da die Mitarbeiter-Fluktuation im Gastgewerbe relativ hoch ist. So sehen wir in den Kursen zum Diplom-Biersommelier viele Teilnehmer, die bereits Bierprofis sind. Spitzenkräfte aus Brauereien oder der zuliefernden Wirtschaft. Inhaber, Geschäftsführer, Braumeister, Marketing- und Verkaufsleiter. Auf diese Weise ist zwar ein ausgezeichnetes Netzwerk entstanden, welches durch den Absolventenverband gefördert wird, die große Zahl an Verstärkern im Markt an neuen Bierbegeisterten wird, zumindest in Österreich, die Mittelstufe schaffen müssen. Die muss so gestaltet werden, dass die fertig ausgebildeten Biersommelieres bestens qualifiziert sind.

Die Ausbildung zum Biersommelier darf also der Ausbildung zum Diplom-Biersommelier in der Qualität nicht nachstehen. Der Unterschied zwischen den beiden Stufen kann nur darin bestehen, dass Diplom-Biersommelieres mehr und tiefer in die internationale Bierwelt eingeführt werden, als dies bei Mittelstufenkurs möglich wäre. Dort soll der Fokus einerseits auf einer ausgezeichneten Kenntnis heimischer Bierstile und Sorten sowie andererseits auf einem Schnuppern (durchaus auch im Wortsinn) in die Welt der internationalen Biere liegen. Es ist aus heutiger Sicht nicht essenziell, as ein Biersommelier frisch nach der Ausbildung ein Bièrede Garde blind erkennt oder sich als Experte in norwegischen Kräuterbieren erweist (übrigens keine uninteressante Nische).

Biersommelieres der Mittelstufe sollen aber auch die Möglichkeit erhalten, sich mithilfe einzelner Fortbildungskurse weitere Detailkenntnisse anzueignen. Mit der Zeit kann so ein Wissens- und Erfahrungsschatz angehäuft werden, der bei weitem über eine Einzelausbildung, welcher Art auch immer, hinausgeht. Eine Möglichkeit dazu bieten auch die Kurse am „Institute of Masters of Beer“, über das wir auf den Seiten 28 und 29 berichten. Vor allem die Gesamtausbildung zum „Member“ des Instituts kann man nur mit sehr guten Vorkenntnissen anstreben. Man sollte also Braumeister, Diplom-Biersommelier oder Biersommeliersein, um sich dort anzumelden.

Die handelnden Personen

Seitens des Verbandes der Brauereien Österreichs haben vor allem die Geschäftsführerin Jutta Kaufmann-Kerschbaum und die Marketingleiterin Annemarie Lautermüller die Fäden gezogen. Die wichtigen Entscheidungen wurden im Rahmen von Ausschusssitzungen getroffen, die von den Mitgliedsbrauereien mit wechselndem Personal beschickt wurden. Die Ausbildung (Inhalte, Struktur, Voraussetzungen) wurde jedoch von einem Kernteam finalisiert. Geleitet hat Braumeister Hinrich Hommel dieses Team. Ihm gehörten an: Thomas Stöger, Lehrer an der HBLA Waldegg; Josef Hirsch, Lehrer an der HBLA Geras; Jens Luckart, Ausbildungsleiter im BierKulturHaus Obertrum, sowie Der Biersepp, Leiter der BeerCademy und bier.pur Chefredakteur.

Gesetzlich geregelt

Die Ausbildungsreihe Bier-Jungsommelier;  Biersommelier und Diplom-Biersommelier ist gesetzlich geregelt undz war gemäß § 43 Absatz 3 Ziffer 4 WKG,  BGBl. I Nr.103/1998 i.d.F. BGBl. I Nr. 3/2012, gültig seit 1. Dezember 2006. Das Bundesgesetzblatt wurde im Mai 2012novelliert.

Wer darf Biersommeliers ausbilden?

Um die Qualität zu sichern und Wildwuchs zu verhindern, wurden strenge Kriterien formuliert. Will ein Institut Biersommelieres ausbilden, so muss es dies in enger Zusammenarbeit mit einer Brauerei tun, die Mitglied im Verband der Brauereien Österreichs ist. Die Leiterin oder der Leiter des Instituts muss in Personalunion (!) sowohl Diplom Biersommelier als auch ordentliches und aktives Mitglied des Bundes Österreichischer Braumeister und Brauereitechniker sein.

    Die Erfüllung der Anforderungen ist dem Verband der Brauereien Österreichs durch die Einrichtungsleitung (-inhaber) der jeweiligen Einrichtung schriftlich nachzuweisen.Nach Vorlage dieses Nachweises erteilt der Verband der Brauereien Österreichs der Einrichtung die Berechtigung, gemeinsam mit dem Verband der Brauereien Österreichs Prüfungen zur/zum Biersommelier abzunehmen.Anerkannte Ausbildner bekommen Zugang zum Download zu den Dokumenten / Unterlagen / Skripten zur freien Verwendung und Adaptierung für ihr Kursangebot (40 Stunden + 8 Wiederholung und Prüfung).Die Prüfungskommission besteht aus einem Vortragenden des Kursanbieters „Biersommelier“ und mind. einem vom Verband der Brauereien Österreichs nominierten Vertreter als Prüfungsvorsitz bzw. Hauptprüfer im Auftrag und namens des Verbandes der Brauereien Österreichs. Der Verband der Brauereien Österreichs entsendet einen Vertreter als Hauptprüfer und Vorsitzender der Prüfungskommission.Die ausbildende Einrichtung gibt dem Verband der Brauereien Österreichs das Kursangebot (zur Bekanntmachung auf www.bierserver.at und Verlinkung mit Anbieterseiten) und mindestens zwei Monate vor dem gewünschten Prüfungstermin bekannt.

Prüfung und Zertifikat

Bierkarte. Die Prüflinge müssen, um zur Prüfung antreten zu können, eine Bierkarte erstellen.

Multiple Choice. 24 Fragen werden je Prüfung aus den 240 Fragen des Fragenkataloges (der vom Team Hommel ausgearbeitet worden ist) ausgewählt. Die Auswahl wird für jede Prüfung neu getroffen.

Praktische, sensorische Prüfung. Die Prüflinge erhalten acht Proben, eine Auswahl aus gängigen und im Unterricht besprochenen Sorten (z.B. Zwickel, Märzen, Bockbier, Leichtbier, …) und Karten mit den Stilbezeichnungen. Sie müssen die Karten richtig zuordnen.

Zertifikat. Das Zertifikat (eine offizielle Urkunde mit österreichischem Bundeswappen) berechtigt zur Führung der Berufsbezeichnung „Biersommelier“ und zum Tragen des Biersommelier-Zeichens, das zusammen mit dem Zertifikat überreicht wird.

Wer bietet die neue Ausbildung zum Biersommelier an?

Brauerei Egg
Ort: Egg, Vorarlberg
Leitung: Hinrich Hommel
Beginn*: April 2013
www.brauerei-egg.at/biersommelier.html

Stieglbrauerei

Ort: Salzburg
Leitung: Markus Trinker
Beginn*: Spätherbst 2013
www.stiegl.at

Hofbräu Kaltenhausen
Ort: Hallein, Salzburg
Leitung: Günther Seeleitner
Beginn*: Spätherbst 2013
www.kaltenhausen.at

Mohren Akademie, Mohrenbräu
Ort: Dornbirn, Vorarlberg
Leitung: Heinz Huber
Beginn*: Herbst 2013
bit.ly/15dSyDk

BierWeltAkademie, Freistädter
Ort: Freistadt, Oberösterreich
Leitung: Ewald Pöschko
Beginn*: 2014

BeerCademy, Hirter
Ort: Sankt Salvator, Kärnten
Leitung: Der Biersepp
Beginn*: Spätsommer 2013
www.beercademy.eu

*Voraussichtlicher Beginn, die meisten Institute haben sich noch nicht festgelegt