Brauerportraits: Niklas Zötler

Ein Artikel von Candy Sierks | 30.09.2015 - 22:39

Wer auf eine Geschichte von 568 Jahren und 20 Generationen zurückblickt, kann sich sicher sein, dass alle Vorfahren gutes Bier gebraut haben. Für Niklas Zötler, nächste Generation der Privatbrauerei Zötler aus Rettenberg, bedeutet das nicht nur Tradition und Bodenständigkeit, sondern auch eine Form von Sicherheit. „Wir haben einfach gute Werte, an denen wir uns orientieren können. Das Schöne ist, dass wir trotz dieser langen Geschichte nicht eingestaubt sind, sondern mit der Zeit gehen. Das haben schon mein Opa und mein Vater so gemacht.“ So stellt für Niklas die Nachfolge keine Bürde dar, sondern eine Möglichkeit, eine Tradition fortzuführen und sich dabei treu zu bleiben.

 

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© Brauerei Zötler

Dass bei der Familie Zötler Tradition und Moderne Hand in Hand gehen, zeigen die Zötler Braukunstbiere. Sie waren der erste Schritt auf dem Craft-Beer-Markt – wobei Niklas lieber von Charakterbieren spricht. „Die beiden Braukunstbiere, der Schwarze Ritter von Rettenberg und Heinrich der Kempter, sind auf ihre Art sehr traditionell und trotzdem modern. Uns war wichtig, dass sich unsere Historie und Heimatverbundenheit in den Bieren widerspiegelt. Es sollten nicht einfach nur spezielle Biere mit hübschen Etiketten sein. Die Sagen aus der Region haben dabei das Fundament gebildet, und wir haben daraus die Rezeptur entwickelt.“

Es sind Biere, die Spaß machen sollen und hauptsächlich bei Verkostungen und Bierkulinarien eingesetzt werden. Für das kommende Jahr wird schon an der nächsten Idee getüftelt und an einem Konzept gearbeitet, das den Bedürfnissen des deutschen Craft-Beer-Marktes gerecht wird. Für Niklas ist trotz der eigenen langen Tradition die Craft-Beer-Bewegung mit den zahlreichen Quereinsteigern etwas Positives. „Jeder Hobbybrauer tut dem Markt gut. Die Handwerkskunst wird wieder in den Mittelpunkt gerückt, und Vielfalt wird wirklich Vielfalt. Natürlich brauen wir schon immer handwerkliche Biere. Für mich ist der Craft-Beer-Gedanke aus den USA aber ein anderer. Die Biere haben Ecken und Kanten, sie müssen nicht jedem schmecken, sondern sollen polarisieren. Deswegen kann man Craft Beer auch nicht einfach nur mit ‚handwerklich gebrautes Bier‘ übersetzen. Was es für mich am besten trifft, ist das Wort ‚Charakterbiere‘.“ In Niklas Zötler stecken Kreativität und Visionen, die er mit der Tradition seiner Familie verknüpft. So hat er die perfekte Kombination für Braukunst und Biervielfalt für sich gefunden.

Er ist der erste männliche Nachkomme der Familie seiner Generation. Da er auch noch am Namenstag Herbert, dem Namen seines Vaters, Großvaters und Urgroßvaters geboren ist, war zumindest für seinen Großvater klar: „Der wird einmal die Brauerei übernehmen.“ Eine Tradition, die verpflichtet? „Nein, mein Vater hat mir die Option gelassen, einen anderen Weg zu wählen. Er hat immer gesagt: ‚Du musst es nicht machen, du darfst es machen, aber mach es nur, wenn du wirklich Leidenschaft und Freude darin findest.‘ Mein Vater hat mir den Beruf als Bräu sehr positiv vorgelebt und mir das Gefühl vermittelt, dass es ihm Freude bereitet.“

Trotzdem studierte Niklas zunächst Betriebswirtschaftslehre, machte danach aber seinen Braumeister und Biersommelier und stieg als Produktmanager in die Familienbrauerei ein. Er selbst bezeichnet sich als „theoretischen“ Braumeister. „Ich bin ein guter Biersommelier und ich verstehe was vom Bierbrauen, aber ich würde nie behaupten, dass ich ein guter Braumeister wäre. Ich sage unseren Braumeistern also nicht, wie sie ihre Arbeit zu machen haben, sondern begegne ihnen auf Augenhöhe und versuche, Anregungen zu geben.“